Als die „nette Studentin von nebenan“ wollten die Grünen ihre EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling “der Öffentlichkeit verkaufen (Kuschel-Wahlspruch: “Europa braucht Herz”). Ein Vorhaben, das nach einem Bericht des Standard heftig ins Wanken gerät.
Vernichtendes Charakterbild
Es sind unangenehme Fakten sowie Erzählungen Dritter über die 23-jährige Klima-Aktivistin, die das Blatt in seiner gestrigen Dienstag-Ausgabe veröffentlichte. „Schilling habe ein problematisches Verhältnis zur Wahrheit, spiele Personen gegeneinander aus und hinterlasse verbrannte Erde“, schreibt Der Standard unter Berufung auf wochenlange Recherchen und Gespräche mit 50 Personen ihres persönlichen Umfelds. Demnach soll sie „viele Menschen verärgert oder verletzt und einige sogar in existenzbedrohende Schwierigkeiten gebracht“ haben, ist in dem Artikel zu lesen. Die Erzählungen sollen laut Standard mit Dokumenten, Chats und schriftlichen Bestätigungen untermauert sein.
Schilling hüllt sich in Schweigen
Zur Klärung der Sachverhalte hatte Der Standard Schillings Pressesprecher und der Partei einen umfangreichen Fragenkatalog übermittelt. Laut der Zeitung wurden die Vorhalte weder bestätigt noch dementiert. Zu den meisten Punkten habe es keine konkrete Stellungnahme gegeben. Die Vorgänge seien als “Gerüchte” oder sinngemäß als “Privatsache” von Schilling bezeichnet worden. Auch für den ORF war Schilling am Dienstag Abend für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Bei Gericht aktenkundig
Nicht auf Erzählungen Dritter beruht allerdings ein Gerichtsakt, in dem sich Schilling zu einer Unterlassungserklärung verpflichtete. Darin verpflichtete sie sich, künftig keine verletzenden Gerüchte mehr über eine (ehemalige) Freundin und deren Ehemann zu verbreiten. Demnach hatte sie im Freundeskreis unter anderem behauptet, dass diese Freundin während deren Schwangerschaft von ihrem Ehemann derart geschlagen worden sei, dass sie eine Fehlgeburt erlitten habe. Auch eine weitere Behauptung, wonach das Paar in einem anderen Zusammenhang „wie die Mafia“ agiere, muss sie künftig unterlassen. Bei Zuwiderhandeln müsste die Jung-Politikerin dem Paar 20.000 Euro zahlen.
Grüne Doppelmoral
„Wen würde der Anstand wählen?”, plakatierte die grüne Partei noch im letzten Nationalrats-Wahlkampf. In den eigenen Reihen scheint man es mit diesem „Anstand“ allerdings nicht so genau zu nehmen. Denn warum sonst versuchte die Partei, das Gerichtsverfahren gegen Schilling möglichst zu vertuschen, indem man auf der Unterlassungserklärung die Adresse der grünen Partei angab?
In einer Stellungnahme gegenüber der ZIB2 im ORF betonten die Grünen, dass es sich bei den weiteren Anschuldigungen lediglich um „Gerüchte und Behauptungen“ handle. Die Dinge würden das Privatleben von Schilling und anderer Personen betreffen und hätten keine politische Tangente.
Das sagt eine Partei, die die Moral sonst wie eine Monstranz vor sich herträgt und deren Parteivorsitzender Menschen, die für ihre Bürgerrechte auf die Straße gingen, aufs Übelste beleidigt haben.