Polens linker Premierminister Donald Tusk ist Liebkind in Brüssel. Aber wegen seines brachialen Staatsumbaus im Land selbst umstritten.

31. März 2024 / 12:23 Uhr

Getrieben von Unzufriedenheit: Premier Tusk stellt EU-Migrationspakt infrage

In Polen macht sich Unzufriedenheit breit. Seit die Linke vor 100 Tagen an die Macht gekommen ist, gibt es innerpolitische Spannungen, Säuberungsaktionen in Medien und Justiz, Bauernproteste und eine unbeliebte Regierung.

Staatsumbau ohne Gnade

Denn sie hat einen brachialen Staatsumbau an der Grenze der Legalität begonnen, im Jänner sogar zwei Politiker im Präsidentenpalast trotz präsidialer Begnadigungen verhaften lassen. Die Koalitionsregierung unter Premierminister Donald Tusk ließ die Rundfunkgremien des Staatssenders austauschen und wegen deren Protest sogar das Senderhaus von der Polizei stürmen. Damit jeder Protest vonseiten der Bürger verhindert wird, ließ die Regierung den Sender zuvor stundenlang abschalten. Methoden, wie sie nur in Diktaturen bekannt sind.

Dazu kommt, dass die Linken lediglich eine Koalitionsregierung bilden, stimmenstärkste Einzelpartei wurde bei den Parlamentswahlen 2023 die konservative PiS. Der ihr zustehenden Position des Parlamentsvizepräsidenten wird ihr aber von den Linken verweigert; die PiS-Kandidatin würde nicht „demokratischen Standards“ entsprechen, erklärte die Regierung.

Äußeres Feindbild als Lösung

Alles geschieht unter der wohlmeinenden politisch-medialen Rückendeckung aus Brüssel. Doch die polnische Bevölkerung erkennt das undemokratische Spiel und ist entsprechend verstimmt. Was hilft in einem solchen Fall? Ein äußeres Feindbild.

Das ist aktuell schnell gefunden: Russland. Damit lassen sich die Bürger bei der Stange halten. Und so erklärte Tusk an diesem Wochenende in einem Interview mit der Welt, dass in Europa „eine neue Ära begonnen habe: die Vorkriegszeit“. Und das, obwohl Admiral Rob Bauer, Vorsitzender des Militärausschusses der NATO, die Ansicht vertritt, dass Russland derzeit keine Pläne zum Angriff auf ein Mitglied des Bündnisses hat. Dies berichtete die Zeitung Baltic Times am Freitag. Tusk beeindruckt das nicht: Er wolle „niemandem Angst machen, aber Krieg ist kein Konzept mehr aus der Vergangenheit“.

Strenge Einwanderungspolitik als weitere Lösung

Weil die Polen nicht von Orientalen und Afrikanern überschwemmt werden wollen, will Tusk in der Einwanderungsfrage der Bevölkerung entgegenkommen und stellt den erst im Dezember beschlossenen EU-Migrationspakt infrage.

Zwar kritisiert er die Rückweisungen an den Grenzen (Pushbacks) – die Methode wäre „moralisch inakzeptabel“ – durch die vorherige polnische Regierung, wendet sie aber offensichtlich trotzdem an. Er werde „einige der von den polnischen Grenzschützern angewandten Methoden nicht rechtfertigen“. Doch Tusk macht klar. Es ist „die Aufgabe des Staates, seine Grenzen und sein Territorium wirksam zu schützen“. Man müsse „eine bessere Lösung (als die Rückweisungen) finden, aber die Alternative kann nicht Hilflosigkeit sein“.

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