Justizia

In Deutschland herrscht Meinungsfreiheit. Aber nur, wenn man die “richtige”, erlaubte Meinung vertritt. Das musste ein 50-Jähriger zur Kenntnis nehmen.

4. Jänner 2024 / 13:02 Uhr

Meinungsäußerung endete für 50-Jährigen mit Haft auf Bewährung

Wie könnte man Menschen bezeichnen, die tausende Kilometer und über viele Landesgrenzen reisen, um schließlich in Deutschland vom Geld anderer Leute zu leben? „Schmarotzer“, meinte ein X (Twitter)-Nutzer und fasste dafür eine Haftstrafe aus.

Mit Posting „öffentlichen Frieden“ gestört

Mit drei Monaten Haft auf Bewährung und 1.500 Euro Geldbuße endete ein Prozess am Albstädter Amtsgericht in Baden-Württemberg gegen einen 50-jährigen Mann, der fälschlicherweise annahm, es gäbe in Deutschland noch Meinungsfreiheit. Angeklagt war er wegen „Volksverhetzung“, berichtet die Südwest Presse, weil er im November 2022 auf X geschrieben hatte „Flüchtlinge und Vertriebene sind wohl eher Schmarotzer“. Das genügte, um über ein Jahr später vor Gericht zu landen. Der Beschuldigte habe den öffentlichen Frieden gestört, Personen in ihrer Menschenwürde verletzt und sie verächtlich gemacht, schrieb die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage.

Angeklagter berief sich auf Meinungsfreiheit

Vor Gericht plädierte der 50-Jährige auf nicht schuldig. „Ich bin unschuldig“, sagte er, wie die Zeitung vom Prozess berichtete. Er habe nicht alle „Flüchtlinge“ gemeint. „Posten tut man doch viel, oder?“ Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass diesen Post jeder einsehen konnte. Und:

Das war Satire. Für mich ist das Meinungsfreiheit.

Eine Argumentation, die das Gericht nicht gelten lassen wollte. Er habe mit seinem Posting alle „Flüchtlinge“ über einen Kamm geschoren, meinte die Richterin und verdonnerte ihn zu einer Haftstrafe. Der Staatsanwalt stellte eine gar noch höhere Strafe in den Raum, sollte der Angeklagte gegen das Urteil Berufung einlegen.

Bewährungsstrafen für Vergewaltiger

Vor bundesdeutschen Gerichten wiegt damit das Absetzen eines angeblich „volksverhetzenden“ Postings im Internet beinahe so schwer, wie die Vergewaltigung eines 15-jährigen Mädchens. Ende November letzten Jahres hatte ein Prozess in Hamburg für acht von zehn Angeklagten mit Bewährungsstrafen von einem bis zwei Jahren geendet und nur einer landete im Gefängnis. Unzensuriert berichtete.

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