In Rumänien hatten die Bürger nicht so gewählt, wie es die Mächtigen in Brüssel und Washington gewünscht hatten.
Heimatliebender Kandidat gewinnt ersten Wahldurchgang
Die Rumänen hatten sich bei der Präsidentenwahl nämlich im ersten Wahlgang Ende November für den eher unbekannten Calin Georgescu entschieden. Er vertritt kritische Positionen gegenüber der EU, kann sich den Austritt Rumäniens aus der EU und der NATO vorstellen und will den Krieg in der Ukraine so schnell wie möglich beendet wissen.
Vorwurf der Wahlmanipulation
Grund genug, ihm vorzuwerfen, dass seine Wahl nicht mit rechten Dingen zugegangen sei. Zunächst hatte sich aber das Verfassungsgericht nicht diesem Vorwurf angeschlossen und erklärte die Präsidentschaftswahl für rechtens.
Nur zwei Tage später der Rückzieher: Kurz vor der für den 8. Dezember angesetzten Stichwahl wurde der erste Wahldurchgang annulliert. Selbst die fest im Vorhof der Macht angesiedelte Deutsche Welle schreibt, dass das Verfassungsgericht in Rumänien „im Ruf steht, politisch abhängig und hörig sowie fachlich schwach zu sein“. Georgescu bezeichnete diese Entscheidung als „Staatsstreich“.
Russland und chinesische Plattform mussten herhalten
Als Begründung wurde erklärt: Georgescu hätte unter anderem massive finanzielle und logistische Unterstützung erhalten, um seine TikTok-Videos stärker zu verbreiten. Außerdem soll ein „staatlicher Akteur“, gemeint war Russland, die Wahl manipuliert haben. Die TikTok-Kampagne sei „nach russischem Muster“ angelegt gewesen.
Gleichzeitig ging man gegen den Wahlsieger persönlich vor: Die Sonderstaatsanwaltschaft DIICOT leitete ein Verfahren gegen ihn wegen illegaler Wahlkampf-Finanzierung und Geldwäsche ein. Brüssel wiederum will sich TikTok vorknöpfen – auf Antrag aus Bukarest. Säuberungsaktionen wurden auch bei Mitstreitern und Sympathisanten durchgeführt, ja es kam sogar zu Festnahmen in der Umgebung von Georgescu.
Wahlsieger von Regierungsbildung ausgeschlossen
Bei der Parlamentswahl am 1. Dezember erhielten nominell proeuropäische Parteien zwar die Mehrheit, aber Wahlsieger wurden die EU-kritischen rechten Parteien. Die Sozialdemokraten (PSD) erhielten 22 Prozent, die Konservativen (PNL) 18 Prozent, die Liberalen (USR) zwölf Prozent und der Ungarnverband (UDMR) sechs Prozent der Stimmen. Die drei rechten Parteien erreichten zusammen aber einen Anteil von 32 Prozent.
Wie in Österreich auch wurde der eigentliche Wahlsieger von der Regierungsbildung ausgeschlossen. Im Gegenteil, die Wahlverlierer schmiedeten umgehend eine „proeuropäische Koalition“ und schlossen eine Zusammenarbeit mit den Rechten aus.
Steuerbehörde widerspricht Vorwürfen
Kurz vor Weihnachten nun die schockierende Wendung: Die rumänische Steuerbehörde bestätigte, dass die besagte TikTok-Kampagne nicht von Russland oder russlandfreundlichen Quellen bezahlt worden war – sondern von der Partei des regierenden Staatschefs, der rumänischen National Liberalen Partei (PNL), die Teil der Fraktion der Europäischen Volksparteien (EVP) ist, zu der auch die ÖVP gehört.
Wie die investigative Plattform snoop.ro herausgefunden haben will, soll sie „unbeabsichtigt“ den Patrioten Georgescu in der ersten Runde der rumänischen Präsidentschaftswahl unterstützt haben.
„Putsch von oben“ gegen Wähler
Der österreichische Politikkommentator Gerald Markel hält dazu fest:
Mit anderen Worten – eine FalseFlag-Aktion, die als Begründung für die Annullierung einer demokratischen Wahl dient, um einen Kandidaten zu verhindern, der dem offenbaren Mehrheitswillen der Bevölkerung nachkommen will.
Das sei „ein lupenreiner Putsch“ gewesen.
Wenig Chancen für Wahlsieger
Der derzeitige Präsident Klaus Iohannis, ein Siebenbürger Sachse, wird bis zur Wahl eines neuen Staatsoberhaupts im Amt bleibt. Der neue Urnengang für die Präsidentenwahl soll frühestens im zweiten Quartal 2025 stattfinden.
Ein Neuantritt von Georgescu bei den Neuwahlen gilt als wenig wahrscheinlich, da das Verfassungsgericht bereits einmal in einem ähnlichen Fall – damals hatte es die Parteivorsitzende der rechten Partei SOS Rumänien, Diana Șoșoacă, betroffen – vom Antritt ausgeschlossen hatte. So kann man sich kritischer Stimmen auch entledigen.