Im Zeichen der grassierenden Klimahysterie schmücken sich Politiker fast aller Couleurs gerne mit den „Sustainable Development Goals“ (SDGs), die von den Vereinten Nationen 2015 im Rahmen ihrer „Agenda 2030“ gesetzt wurden. Es geht dabei um Nachhaltigkeit in allen Lebensbereichen, mit der „ein gutes Leben für alle“ gewährleistet werden soll. Kein Wunder, dass Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) auch das Parlament dafür einspannte und am Montag zur Verleihung der „Austrian SDG Awards“ in den Sitzungssaal des Nationalrats einlud – was durchaus interessante Erkenntnisse brachte.
Wie radikal wird’s denn diesmal?
Als kritischer Journalist ist man angesichts solcher Veranstaltungen einigermaßen alarmiert, ließen sich doch Mitglieder der Bundesregierung beim „2. SDG Dialogforum“ vor einem Jahr zu geradezu atemberaubenden Aussagen hinreißen. Johannes Rauch (Grüne) brachte zur Bekämpfung des angeblich menschengemachten Klimawandels jene „Radikalität“ ins Spiel, mit der auch zur Bekämpfung von Corona die Grund- und Freiheitsrechte weitläufig außer Kraft gesetzt wurden. Karoline Edtstadler assistierte mit der Forderung nach Beschneidung von Rechtsmitteln, wenn es einem „höheren Ziel“ dient, und verlangte dabei die Unterstützung durch die veröffentlichte Meinung, sprich die Medien.
ÖVP allein im Hohen Haus
Bei den „SDG Awards“ war von alldem nichts zu hören. Auch das Symbol der SDGs, den 17-teiligen Farbenkreis, sah man kaum an einem Revers. Und auch die Einigkeit jener Parteien, die gerne „alternativlos“ für das Weltklima kämpfen, suchte man vergeblich. Nicht nur die Abgeordneten der FPÖ, die zu diesem Thema als einzige eine Vernunftposition einnimmt, fehlten. Auch Grüne und Neos waren nicht vertreten, und von der SPÖ war nur eine einzige Abgeordnete gekommen. Petra Bayr suchte möglicherweise Ablenkung von der Wiener „Schrebergarten-Affäre“, in die auch sie involviert ist.
Spezialpreis an ÖVP-Bundesrätin
Zu Wort kam die Sozialdemokratin, die in der „SDG-Steuerungsgruppe“ des Parlaments vertreten ist, jedenfalls nicht. Kein Wunder: Es handelte sich um eine in jeder Hinsicht kohlrabenschwarze Veranstaltung, bei der neben Vertretern der Wirtschaft nur ÖVP-Leute zu Wort kamen: Abgesehen von Wolfgang Sobotka (zweimal) die Jugend-Staatssekretärin Claudia Plakolm, die Nationalratsabgeordnete Carmen Jeitler-Cincelli, die EU-Abgeordnete Angelika Winzig und die ehemalige Außenministerin Benita Ferrero-Waldner. Und den „Special Award“ heimste mit Bundesrätin Christine Schwarz-Fuchs auch noch eine ÖVP-Vertreterin ein.
Sobotka lotste Preisverleihung ins Parlament
Schwarz-Fuchs könnte zugutegekommen sein, dass sie selbst dem erweiterten Präsidium der „Senats der Wirtschaft“ angehört. Dieser, selbstverständlich ebenfalls ÖVP-nahe Verein trat über seine Teilorganisation „Allianz für Ethik in der Wirtschaft“ als Initiator der Preisverleihung auf. Wolfgang Sobotka selbst soll es gewesen sein, der die Idee hatte, die Preise im Parlament zu verleihen, nachdem die Gala zuvor in einem Hotel stattgefunden hatte. Das schilderte der Vorstandsvorsitzende des Senats der Wirtschaft, Hans Harrer, in seiner pathetischen Abschlussrede.
Joschi Riegler als Pate der Nachhaltigkeitsziele
Harrer warnte darin – durchaus überraschend – davor, die SDG religiös zu verbrämen. Eine Botschaft, die dringend der Bundesregierung zu übermitteln wäre, wo insbesondere Edtstadler und die Grünen Gewessler und Rauch die SDGs gerne wie eine Monstranz vor sich hertragen. Die Profanisierung des Nachhaltigkeitsgedankens endete jedoch mit einer ebenfalls originellen Pointe. Die Vordenker dieser globalen Ziele seien nämlich – da war sich Hans Harrer sicher – in den Reihen der ÖVP zu finden. Und zwar in der alten, eigentlich in der uralten ÖVP. Harrer nannte den ehemaligen Vizekanzler Josef „Joschi“ Riegler, der den Begriff der „Ökosozialen Marktwirtschaft“ geprägt hatte, den ehemaligen Vizekanzler Erhard Busek, der bis zu seinem Tod 2022 Präsident des Senats der Wirtschaft war, und den ehemaligen EU-Kommissar Franz Fischler. Dank dieses abendlichen Geständnisses im Hohen Haus wissen wir nun also auch, wem wir die Agenda 2030 zu verdanken haben…
Preise für vernünftige Umweltschutz-Projekte…
Die Preisträger, die in die Kategorien Jugend, Medien, Kommunalpolitik und Wirtschaft eingeteilt waren, wurden mehrheitlich für Initiativen belohnt, die man früher in die Bereiche des Umweltschutzes und des sozialen Engagements eingeordnet hätte. Der Macher eines einflussreichen Instagram-Kanals, in dem das Sammeln von Plastikmüll propagiert wird, erhielt einen Medienpreis. Ein Verbund von 27 Gemeinden aus dem Bezirk Freistadt wurde ausgezeichnet, weil die Kommunen die Betriebsansiedelung gemeinsam gestalten und die daraus eingenommene Steuer gerecht untereinander aufteilen. Eine Gruppe aus dem Bregenzerwald wurde prämiert, weil sie in Hittisau und Doren Schulküchen betreibt, in denen die Kinder gesundes Essen erhalten – also keine „Burger“, die jüngst der Bundeskanzler als Alternative für Geringverdiener ausgelobt hatte.
… und für den üblichen Politik-Klamauk
Daneben durfte auch der übliche, politisch motivierte Klamauk nicht fehlen. Weil die Medien eine besondere Bedeutung für die „Bewusstseinsbildung“ haben, wie Moderator Christian Clerici hervorstrich, wurde eine Initiative ausgezeichnet, die auf TikTok sogenannte „Faktenchecks“ für Jugendliche anfertigt. Und ein Verein, der „Jugendliche mit Fluchthintergrund zu demokratischer und sozialer Partizipation ermutigen“ möchte, auf dass sie eine „europäische Perspektive entwickeln“, erhielt ebenso eine der Statuetten.
Das Buffet zahlt der Steuerzahler
Fazit: Die ÖVP schafft es, selbst ein Thema, in dem fast alle mit ihr einer Meinung sind, so penetrant für sich zu vereinnahmen, dass nicht einmal mehr die anderen Sektionen der politischen Einheitsfront mitmachen wollen. Und das anschließende Buffet zahlt selbstverständlich der Steuerzahler aus der parlamentarischen Staatskassa.