Österreich ist ein Land der Titel und Ehrenzeichen. Dies führt bei Wahlen sehr oft zu Verwirrung. Vom Titularpolitiker bis hin zum Berufsstudenten waren bei Nationalratswahlen alle möglichen und unmöglichen Bezeichnen vertreten. Grund dafür ist wohl eine Regulierungsschwäche des Gesetzgebers. Während man in Österreich ansonsten für alles und jedes einen Nachweis erbringen muss, geben sich die Wahlbehörden in der Frage der Berufsbezeichnung großzügig bzw. gleichgültig. Ob Ausbildungsgrad, vormaliger oder aktueller Beruf oder derzeitige Funktion, man lässt alles und jedes zu. Deshalb sind manche Bezeichnungen auf den Wahllisten verschiedener Parteien sehr kreativ und unkonventionell.
Vom Feuerwehrbeamten zur Familienlobbyistin
Wenn es um die Nennung von Berufen bzw. Funktionen auf Wahllisten geht, strotzt vor allem die Nationalratswahlliste 2008 vor eigentümlichen Bezeichnungen. Die Frage "Was bin ich?" dürfte für viele nicht allzu einfach zu beantworten sein. Dass man als Beruf Schüler, Zivildiener, Student, Arbeitsloser oder Pensionist angibt, ist ein Massenphänomen und nicht weiter hinterfragbar. Schon lustiger ist, dass manche Kandidaten als „unselbständig“ geführt werden, und auf dieser Grundlage das Wahlvolk vertreten möchten. Man findet aber auch den Feuerwehrbeamten, die dipl. Shiatsu-Praktikerin, den Betriebsratsvorstand oder den Kommunikationsvorsitzenden. Es dürfen auch nicht die Titularpolitikerin oder der Informationsexperte fehlen. Dazu kommen die Familienlobbyistin, der Hausmann, der Bürgermeister außer Dienst und die "selbständige" Prokuristin.
Bei manchen werden mehrere Berufe zur Auswahl angeboten
Dass man bei manchen Kandidaten seine liebe Not hat, belegen auch Mehrfachnennungen von Berufen und Funktionen. So findet sich etwa ein Kandidat, der gleichzeitig Offizier-Vermessungstechniker-Künstler sein soll. Ein anderer wiederum ist Fahrlehrer-Bürgermeister-Landtagsabgeordneter außer Dienst. Und ein Dritter Ökonom-Politiker-Abg. zum Nationalrat. Wer von den Wählern tatsächlich wusste oder überhaupt wissen wollte, was ihr Kandidat beruflich macht, bleibt jedenfalls im Dunkeln.