Regierungschef Irakli Kobachidse sieht in den Demonstrationen nach den Kommunalwahlen Umsturzversuche.

5. Oktober 2025 / 10:29 Uhr

Ein Land im Ausnahmezustand: Proteste in Tiflis nach EU-Absage

Seit den Kommunalwahlen steht Georgien unter Strom: In Tiflis versuchten pro-europäische Demonstranten, den Präsidentenpalast zu stürmen; die Polizei antwortete mit Wasserwerfern, Pfefferspray und Gummigeschossen. Die Sicherheitskräfte meldeten mehr als 20 verletzte Beamte, die Opposition mehrere verletzte Demonstrierende.

Wahlergebnisse nicht nach Brüssels Geschmack

Auslöser sind Lokalwahlen, die große Teile der Opposition boykottierten und weshalb die regierende „Georgischer Traum“ (GD) als klarer Sieg hervorging. Vor einem Jahr hatte sie schon mit 54 Prozent der Stimmen die Wahl für sich entschieden.

Allerdings zeigte sie zunehmend Moskau-freundliche Tendenzen und distanzierte sich gleichzeitig von der Europäischen Union. Es wurde das „Auslandsagenten“-Gesetz beschlossen, mit dem Organisationen mit mehr als 20 Prozent Auslandsfinanzierung zur Registrierung als „unter ausländischem Einfluss“ zwingt. Sehr zum Ärger der EU und den USA.

Lackmustest nach der Parlamentswahl

Für die Opposition waren die jüngsten Kommunalwahlen daher der nächste Lackmustest nach der Parlamentswahl 2024. Seither wird die EU-freundliche Opposition nicht müde, der GD vorzuwerfen, das Land in Richtung autoritäre Politik zu führen. Der Druck auf Medien, Zivilgesellschaft und Opposition habe deutlich zugenommen; die Regierung weist das zurück und spricht von „ausländisch gesteuerten Destabilisierungsversuchen“.

Die Rolle der EU: eingefrorene Annäherung

Im vergangenen Winter verschärfte die Regierung den Kurs und kündigte sogar an, EU-Beitrittsgespräche bis 2028 auszusetzen. Nun war Feuer am Dach für die EU-Befürworter. Sie organisierten Massenproteste, die die Spaltung im Land noch verstärkten.

Die Rolle von EU und USA

In den Straßen Tiflis’ wehen neben georgischen und EU-Flaggen auch US-Banner. Washington gilt vielen als Garant westlicher Orientierung – politisch, finanziell, gesellschaftlich. Zugleich dient der US-Einfluss der Regierung als Projektionsfläche.

Tatsächlich unterstützen US-Programme wie USAID seit Jahren georgische Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Medien und „Demokratieförderung“.

Innenpolitische Verhärtung

Während Regierungschef Irakli Kobachidse Oppositionsführern teils mehrjährige Haftstrafen in Aussicht stellt, berichten Menschenrechtsorganisationen von Entlassungen im Staatsdienst wegen Pro-EU-Sympathien und einem insgesamt raueren Umgang des Staates mit Kritik. Die Regierung rechtfertigt ihr Vorgehen mit der Behauptung, man verhindere einen gewaltsamen Umsturz. Kobachidse wirft den Oppositionsanhängern „Radikalität“ vor. „Ihre Revolutionsversuche würden definitiv scheitern“, so der Regierungschef.

Die Oppositionsbewegung verlor zuletzt an Sichtbarkeit. Mit den gewalttätigen Ausschreitungen nach der Wahl ist sie wieder zurück – auch in den westlichen Medien.

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