Manchmal braucht es anscheinend einen heißen Wahlkampf, um aus „Schnapsideen“ politische Geniestreiche zu machen. So oder so ähnlich muss es sich ÖVP-Chef Karl Nehammer gedacht haben, als er plötzlich den bildungspolitischen Ansatz der FPÖ übernahm und die Einführung der „Bildungspflicht statt Schulpflicht“ forderte. Man könnte fast meinen, die FPÖ hätte ihre Ideen bei einem Treffen im stillen Kämmerlein der ÖVP entworfen. Doch halt! War es nicht Rudolf Taschner, der bildungspolitische Sprecher der ÖVP, der im Februar noch spöttisch gemeint hatte, das Ganze sei eine „Schnapsidee“? Ja, richtig gelesen. Dieselbe Partei, die sich einst über den Vorschlag lustig gemacht hat, feiert ihn nun als den heißesten Trend seit der Erfindung des Spritzers.
Was ist passiert?
Im Februar hatte die FPÖ ihren neuen bildungspolitischen Ansatz „Bildungspflicht statt Schulpflicht“ vorgestellt und damit frischen Wind in die Bildungsdebatte eingeläutet. Statt die Kinder stur in Schulklassen zu pferchen und sie ihre Schulpflichtzeit einfach nur absitzen zu lassen, möchte die FPÖ auf individuelle Förderung setzen, die den Bedürfnissen der Schüler gerecht wird und das Erreichen von konkreten Bildungszielen in den Vordergrund stellt. Das klang nach einer Idee, die durchaus das Potential hat, das angestaubte Schulsystem ordentlich durchzuschütteln.
Doch kaum wurde dieser Vorschlag veröffentlicht, kam ÖVP-Bildungssprecher Taschner mit einer scharfen Breitseite: Eine „Schnapsidee“ sei das Ganze, eine Luftnummer, ein Versuch, den Bildungs-Föderalismus mit absurden Konzepten zu unterwandern. Und damit war das Thema für die ÖVP eigentlich abgehakt – dachten wir.
Die große Kehrtwende
Schnellvorlauf in den Sommer 2024. Der Wind hat sich gedreht, und anscheinend hat Karl Nehammer bei einem Gläschen Schnaps die Erleuchtung gehabt: „Bildungspflicht statt Schulpflicht“, das klingt ja doch ganz gut! Was im Februar noch als Unsinn abgetan worden war, ist plötzlich die große Neuerung im ÖVP-Wahlprogramm. Natürlich ohne dabei zu erwähnen, dass die Idee von der FPÖ stammt. Aber gut, in Wahlkampfzeiten wird abgekupfert, was das Zeug hält – Ideen, Wähler und wie man sieht auch bildungspolitische Ansätze.
Das Chamäleon der Politik
Es ist fast schon beeindruckend, mit welcher Leichtigkeit die ÖVP ihre Meinung wechselt. Einmal ist man dafür, einmal dagegen, je nachdem, was gerade besser ankommt. Dass der eigene Bildungssprecher noch vor ein paar Monaten das Konzept als „Schnapsidee“ bezeichnet hatte, ist wohl nur ein kleiner Schönheitsfehler. Am Ende zählt, was Stimmen bringt. Und wenn das heißt, die Schnapsidee als die eigene zu verkaufen, dann wird das eben so gemacht.
Vielleicht sollte die ÖVP in ihrem Wahlprogramm gleich anmerken: „Alle Ideen, die sich als erfolgreich herausstellen, könnten von uns in einer späteren Version kopiert werden.“ So wären alle auf der sicheren Seite und keiner könnte behaupten, er sei überrascht.
Fazit: Ideen-Kopie als Wahlkampfstrategie
Während die FPÖ mit Innovationen und frischen Ideen versucht, die Zukunft Österreichs zu gestalten, springt die ÖVP munter auf den Zug auf, sobald sie merkt, dass der Fahrplan doch vielversprechend ist. Ein Hoch auf die Flexibilität der ÖVP, die mit einem gut gemixten Schnaps all ihre Prinzipien über Bord werfen kann!
In diesem Sinne: Prost, Herr Nehammer! Möge der nächste Schnaps eine weitere „geniale“ Idee ans Licht bringen, die uns alle überrascht.