Die Stadt Wien hat die Dezentralisierung der Bezirke im Jahr 1998, als sie erstmals über eigene Haushaltsmittel verfügen konnten, groß gefeiert. Den Bedürfnissen der Bürger sollte so besser nachgekommen werden können. Wie sich jetzt herausstellt, war diese Maßnahme das Blatt Papier nicht wert, auf dem sie steht.
Beschlüsse des Bezirks zum Krenreiben
Das Beispiel rund um die Errichtung von Container-Klassen bei der Volksschule Hoefftgasse in Wien-Simmering zeigt einerseits die Ohnmacht des SPÖ-Bezirksvorstehers Thomas Steinhart und andererseits die Tatsache, dass Beschlüsse in der Bezirksvertretung – auf gut wienerisch – zum Krenreiben sind.
Wie berichtet, hat sich der Bezirk Simmering sowohl gegen das Aufstellen der Container-Klassen für afghanische und syrische Kinder, die im Zuge der Familienzusammenführung nach Österreich kommen, als auch gegen die Instandhaltungskosten der mobilen Klassen ausgesprochen.
Bezirk muss Kosten übernehmen
Eine Anfrage von unzensuriert an den zuständigen Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) vom 26. Juni wurde erst am 4. Juli beantwortet. Wir wollten von Wiederkehr wissen, warum die Container-Klassen trotz Widerstand des Bezirks errichtet werden und wer die Kosten der Instandhaltung trägt, da der Finanzausschuss des Bezirks dies einstimmig abgelehnt hatte.
Der Neos-Vizebürgermeister antwortete nicht selbst. In einem Schreiben der MA56 (Wiener Schulen) wurde uns ausgerichtet, dass die „demographischen Entwicklungen“ zu einem „massiven Schulraumbedarf“ geführt hätten. Und dass für die Instandhaltungskosten „in den Voranschlägen des Bezirkes Vorsorge zu treffen“ sei. Auf die Ablehnung des Bezirkes ging die MA56 mit keinem Wort ein. Wörtlich übersetzt heißt das also: Egal, was der Bezirk Simmering beschließt, die Stadt Wien sagt, wo es langgeht.
Neun mobile Klassen um zwei Millionen Euro
Interessant war zudem, zu erfahren, dass ab September bei der Volksschule Hoefftgasse neun zusätzliche Klassen in Containern mit jeweils bis zu 25 Kindern entstehen und dass die Kosten dafür rund zwei Millionen Euro betragen werden.
Man kann gespannt sein, wie SPÖ-Bezirksvorsteher Steinhart auf diesen Paukenschlag seiner Parteifreunde im Rathaus und seinem Koalitionspartner in der Stadtregierung reagieren wird. Eine Anfrage der Freiheitlichen am 12. Juni im Bezirksparlament wollte Steinhart jedenfalls nicht beantworten. Er hatte diese Anfrage ausgerechnet an Wiederkehr weitergeleitet…