„Sie sitzen dort oben wie die Unschuld vom Lande“, sagte heute, Mittwoch, im Parlament FPÖ-Chef Herbert Kickl Richtung Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), nachdem dieser trotz der aufgetauchten Aufnahmen von Christian Pilnacek einfach zur Tagesordnung übergegangen war.
“Du hast es nie abgedreht”
Seit gestern, Dienstag, sind Aufnahmen des zuletzt suspendierten Justiz-Sektionschefs Pilnacek bekannt, die vor allem Sobotka schwer belasten. Laut Bericht der “ZIB1” sei das Tondokument am 28. Juli 2023 nach 21.00 Uhr in einem Wiener Innenstadtlokal heimlich mit einem iPhone und ohne Wissen Pilnaceks aufgenommen worden.
In diesem Gespräch soll der Jurist, der vor einigen Wochen auf tragische Weise ums Leben gekommen ist, schwere Vorwürfe gegen die ÖVP und vor allem gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka erhoben haben. Sobotka, so Pilnacek auf dieser Aufnahme, solle versucht haben, Verfahren zu beeinflussen. Sobotka soll ihm gegenüber „in jedem Gespräch“ gesagt haben:
Du hast selber versagt, du hast es nie abgedreht.
Hausdurchsuchung in der ÖVP-Zentrale
Damit gemeint soll die Hausdurchsuchung in der ÖVP-Zentrale gewesen sein, „wo die immer zu mir (Pilnacek) kommen und sagen: Wieso dreh ich das nicht ab? Hab ich gesagt: Ich kann es nicht. Ich mach es nicht. Ich kann es nicht. Ich will es nicht“.
“Anstiftung zum Amtsmissbrauch”
Während die ÖVP von KGB-Methoden und einem „absoluten Tiefpunkt der politischen Kultur“ spricht, sieht Kickl ein „Ibiza“ für die ÖVP. Er forderte von Sobotka nicht nur die sofortige Einberufung einer Sonderpräsidiale des Nationalrats, „um uns mit all diesen Dingen auseinanderzusetzen“, sondern in einer Aussendung auch den Rücktritt des Nationalratspräsidenten. Kickl warf Sobotka „Anstiftung zum Amtsmissbrauch“ vor. Nicht außer Acht gelassen sollte werden, so Kickl, dass dieser Mann, der im Verdacht steht, dies getan zu haben, auch Chef des Sicherheitsapparats dieses Landes gewesen sei. Bevor Sobotka Nationalratspräsident wurde, war dieser Innenminister, der oberste Chef über alle Ermittlungsbehörden.
ÖVP will alles aussitzen
Kickl sagte, dass die ÖVP – wie immer bei solchen Vorkommnissen – das alles aussitzen wolle. Das kenne man schon. Wörtlich meinte er:
Sie sitzen dort oben wie die Unschuld vom Lande, die eigene Partei, die Österreichische Volkspartei, will das einfach wegwischen, und sie will den Präsidenten, der mit diesen Vorwürfen konfrontiert ist, umgekehrt als Opfer darstellen. Als Opfer einer bösen Intrige.
Appell an Bundespräsident Van der Bellen
Das Verhalten Sobotkas tue so weh, dass man sich für ihn fremdschämen müsse, sagte Kickl weiter. Sobotka fehle der Horizont und Anstand, selbst zu erkennen, was in dieser Situation notwendig wäre. Kickl sprach Sobotka das Misstrauen aus und appellierte an Bundespräsident Alexander Van der Bellen, sein Schweigen zu beenden und dazu Stellung zu nehmen. Es gehe immerhin um jenen Mann, der nach ihm die zweitmächtigste Position in diesem Land innehat.