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Jeder Wahlkampf kostet Geld. Die Wahlkampfobergrenze ist nicht durchdacht.

1. November 2018 / 14:26 Uhr

Farce um Regelung bei Wahlkampfkosten

Aktuell beschäftigt die Mainstream-Medien die Tatsache, dass anlässlich der letzten Nationalratswahl die Großparteien die Wahlkampfkostenobergrenze von sieben Millionen Euro überschritten hatten. Man fragt nun, muss es Konsequenzen geben, ist die Wahlkampfobergrenze zu hinterfragen? Stimmen sprechen sogar von einer Verschwendung von Steuergeldern.

Kommentar von Unzensurix

Erstens muss festgehalten werden, dass Österreich ein Staat ist, in dem es demokratische Verhältnisse gibt. Das heißt, dass die Österreicher regelmäßig über die Zusammensetzung der politischen Parteien entscheiden. Die Parteien müssen sich dem Wählervotum stellen, ihre Programme werden entweder unterstützt oder abgewählt. Es ist das Recht jeder Partei – wenn nicht sogar eine Verpflichtung -, die Wähler über ihre Programme zu informieren.

Um die Masse zu erreichen, reicht es nicht aus, darauf zu warten, dass Medien über die Anliegen einer Partei berichten. Man muss auch auf andere Informationsmittel greifen, die eben Geld kosten. Unabhängig davon brauchen Parteien auch Mitarbeiter, die den politischen Alltag sowohl in Regierung als auch Opposition bewerkstelligen und im ständigen Wettbewerb leben. Das ist Demokratie, und auch das kostet Geld. Wer von Steuergeldverschwendung spricht, sollte sich fragen, ob es sich in Nord-Korea besser lebt.

Jeden Tag ist Wahlkampf

Jede Partei erhält aufgrund ihrer vom Wähler ausgestatteten Stärke eine Parteienförderung. Wie die Mittel ausgegeben werden dürfen, dafür gibt es gesetzliche Rahmenbedingungen. Ob nun Parteien mehr in Mitarbeiter setzen oder in Inserate etc., ist Sache der entsprechenden Gremien der Parteien. In den Rechenschaftsberichten, die regelmäßig veröffentlicht werden müssen, erfährt man, wie die Mittel letztendlich eingenommen und ausgegeben wurden. Legitim ist, dass Parteien entsprechende Mittel für einen Intensivwahlkampf horten. Gesagt werden muss aber auch: Der Wahlkampf findet jeden Tag aufs Neue statt. Allein schon deswegen ist eine Wahlkampfobergrenze, die sich auf einen Zeitraum von wenigen Monaten beschränkt, ein Schwachsinn.

Wann ist ein Mitarbeiter auch Wahlkämpfer – und wann nicht?

Ein Beispiel: Eine Partei gönnt sich seit Jahren einen Mitarbeiterstab von 20 Personen. Eine andere Partei beschäftigt fünf Mitarbeiter und wirbt im Zuge eines Wahlkampfes 15 Mitarbeiter an. Letztendlich arbeiten für beide Parteien 20 Mitarbeiter. Doch jene Partei, die 15 Mitarbeiter angeworben hat, muss diese in die Wahlkampfkosten einrechnen. Doch faktisch müssten alle 40 Mitarbeiter in die Wahlkampfkosten eingerechnet werden – sofern sie nicht auf Urlaub sind. Eine Logik lässt sich nicht erkennen.

Müssen Mieten auch als Wahlkampfkosten verrechnet werden?

Es gibt Parteien, die in Wahlkämpfen externe Räumlichkeiten – sogenannte “War-Rooms” – anmieten. Andere Parteien setzen auf ihre bewährten Parteizentralen. Theoretisch müsste im Zuge des Wahlkampfes die Miete als Wahlkampfausgabe verrechnet werden. Nur, was verrechnen, wenn die Immobilie im Eigentum einer Partei steht?

Wie soll Werbematerial verrechnet werden?

Parteien haben Werbematerial, angefangen von Kugelschreibern über Zuckerln bis zu Plüschtieren. Vieles kann jahrelang gehortet werden – außerdem in mehreren Wahlkämpfen zum Einsatz kommen. Wie bitteschön sollen hier seriös Wahlkampfkosten gemeldet werden können? Zählen eigentlich Kosten für die Materiallagerung samt Transport dazu?

Wie sieht es mit öffentlichen Veranstaltungen wie Wahlkampfauftakten, Ländertouren und Schlusskundgebungen aus? Die Organisation, angefangen vom Bühnenaufbau bis zur Musikband, aber auch Sicherheitspersonal kosten Geld. Wo soll da eingespart werden?

Auch bei Plakatwerbung kann getrickst werden

Kommen wir zum nächsten Punkt: Plakate. Parteien haben immer wieder Kampagnen. Theoretisch könnte eine Partei lange vor einem Intensivwahlkampf Millionen in Plakatwerbung verpulvern. Dann, wann die Wahlkampfobergrenze gilt, geht man auf Sparflamme. Und überhaupt, vielleicht gibt es Rabatte, die mit Plakatfirmen oder Druckereien ausverhandelt wurden? Oder andere Arrangements?

Ähnlich bei Inseratenschaltungen. Medien leben von Inseraten, und es gibt sicherlich mehr Anfragen als Budget für Einschaltungen vorhanden ist. Und auch hier gilt, Rabatte können nicht ausgeschlossen werden. Umgekehrt steigen auch Inseratenpreise. Die Wahlkampfobergrenze allerdings nicht. Wenn die Inflation Jahr für Jahr steigt, heißt das, dass Parteien im Umkehrschluss von Wahlkampf zu Wahlkampf weniger Geld zur Verfügung haben.

Ungleichgewicht Bund und Länder

Die Wahlkampfobergrenze von sieben Millionen Euro gilt für jedes Bundesland. Nun, im Burgenland erhält die SPÖ als stärkste Partei 1,2 Millionen an Parteienförderung. Selbst mit den restlichen Einnahmen könnte die Landes-SPÖ kaum die Wahlkampfobergrenze von sieben Millionen Euro sprengen. Ähnliches gilt für andere Bundesländer wie Vorarlberg. Ein Ungleichgewicht. Am Deutlichsten ist dieses eben bei einer österreichweiten Wahl wie der Nationalratswahl oder EU-Wahl.

Das System ist keineswegs durchdacht und bringt letztendlich nichts, außer, dass Parteien in ihrer Informationsfreiheit eingeschränkt werden, die vor allem in einem Wahlkampf unentbehrlich ist. Auch von Steuergeldverschwendung zu sprechen, ist jedenfalls ein Witz. Von den Ausgaben der Parteien profitieren Menschen und auch Jobs. Ob das Geld jetzt im Wahlkampf verprasst wird oder nicht, es handelt sich letztendlich um Parteienförderung, die Kraft Gesetz den Parteien zusteht und den demokratischen Diskurs überhaupt erst ermöglicht.

Die FPÖ hat einer Wahlkampfobergrenze nie zugestimmt. Sie hat wohl schon damals gewusst, dass es sich bei dieser Reglung um eine Farce handelt. Diejenigen, die auch immer diese Idee hatten, sie hatten sich damit nichts Gutes getan.

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