Wer erinnert sich noch an die große Ankündigung von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), bei Rückführungsabkommen mehr Tempo einlegen zu wollen. Im Februar 2016 war diesbezüglich von Reisen nach Marokko und Afghanistan die Rede. Mehr als ein Jahr ist vergangen und der freiheitliche Generalsekretär Herbert Kickl nutzte eine parlamentarische Anfrage, um aufzuklären, welche „Erfolge“ Kurz eingefahren habe.
Kurz war gar nicht zuständig
Viel hat der Minister nicht erreicht. Er selbst dürfte keine einzige Reise durchgeführt haben, unterwegs (nach Marokko und Algerien) war lediglich Michael Linhart, der Generalsekretär für auswärtige Angelegenheiten. Wie Kurz in einer Anfragebeantwortung zu verstehen gab, war er selbst etwa für Verhandlungen bezüglich eines Rücknahmeabkommens mit Marokko nicht einmal zuständig. Verantwortlich für Verhandlungen sei ausschließlich die EU-Kommission, die mit ihrem „Verhandlungsmandat“ quasi stellvertretend für alle Mitgliedstaaten spricht. Nationale Verhandlungen wären daher aufgrund der „primärrechtlichen Sperrwirkung“ nicht zulässig. Die EU verhandelt derzeit mit sieben Staaten: Marokko, Algerien, China, Belarus, Tunesien, Jordanien und Nigeria.
Verhandlungen mit Gambia und der Mongolei
Insgesamt hat die EU mit 17 Staaten ein Rücknahmeabkommen. Darüberhinaus hat Österreich noch bilaterale Abkommen mit 22 weiteren Staaten. Um welche insgesamt 39 Staaten es sich handelt, die Rücknahmeabkommen abgeschlossen haben, geht aus der Beantwortung nicht hervor. Kurz gibt lediglich Auskunft, dass Österreich derzeit Abkommen mit Gambia und der Mongolei verhandelt.
Keine konkreten Infos liefert Kurz dahingehend, welche Staaten keine Verhandlungsbereitschaft zeigen, bzw. mit welchen Staaten man auf Grund von groben Verletzungen der Menschenrechte nicht verhandeln will.
Afghanistan: Abschiebungen in innerhalb vier Wochen möglich
Was Afghanistan betrifft, gibt es seit 2. Oktober 2016 die als „Joint Way Forward on migration issues“ bezeichnete Erklärung, die besagt, dass alle EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, afghanische Staatsangehörige zwangsweise rückzuführen, wenn ihnen kein Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde. Afghanistan erklärt sich bereit, längstens innerhalb von vier Wochen entsprechende Reisedokumente (Heimreisezertifikate) für die Rückzuführenden auszustellen. Wird diese Frist nicht eingehalten, können die Mitgliedstaaten EU-Laissez-Passer für die Rückführung ausstellen, heißt es in der Anfragebeantwortung.
Viele Flüchtlinge können übrigens deswegen nicht abgeschoben werden, weil es keine einwandfreie Identitätsfeststellung gibt. Oftmals sind Identitätsnachweise wie Reisedokumente dieser Personen unauffindbar oder werden gezielt vernichtet.
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