Seit 2012, als das “Heumarkt-Projekt” des Investors Michael Tojner auf dem Areal des Hotel Intercontinental und des Wiener Eislaufvereins angekündigt wurde, protestieren Bürger, FPÖ, ÖVP und Teile der Grünen gegen das umstrittene Prestigeprojekt der grünen Planungsstadträtin Maria Vassilakou.
Prädikat “Weltkulturerbe” in Gefahr
Noch gibt es keinen Termin für den Abriss des Hotels oder für den Spatenstich des Monsterbaus mit seinem 66 Meter hohen Wohnturm. Wird er realisiert, droht Wien das von der UNESCO erst 2001 verliehene Prädikat “Weltkulturerbe” zum Opfer zu fallen.
Doch weil die Aberkennung des Welterbestatus erst mit Baubeginn erfolgen würde, befinden sich Stadt Wien und Investor in einer komfortablen Situation: Vor der Aberkennung des Welterbestatus wird nicht gestoppt, nach der Aberkennung ist es zu spät, denn dann wird schon gebaut. Daher mehrten sich zuletzt die Initiativen gegen den geplanten und von der rot-grünen Stadtregierung beschlossenen Eingriff in das Altstadtensemble.
Rote Anzeige gegen rot-grünen Schützling
Hans Peter Doskozil, designierter Landeshauptmann des Burgenlandes, hatte im Jänner den mit der rot-grünen Wiener Landesregierung im besten Einvernehmen stehenden Heumarkt-Investor Tojner wegen des Verdachts auf Untreue, Betrug und schweren Betrug im Zuge von Immobilientransaktionen angezeigt.
Die FPÖ brachte Ende Jänner einen Beschlussantrag im Wiener Gemeinderat zum Erhalt des Weltkulturerbes ein, der von der ÖVP unterstützt, von Rot-Grün aber abgelehnt wurde.
Gutachten von Verfassungsjuristen
Der Kultursprecher der Liste Jetzt, Wolfgang Zinggl, veröffentlichte Mitte Februar ein Gutachten des Verfassungsjuristen Theo Öhlinger, das die Republik und damit die Bundesregierung für den Erhalt des UNESCO-Welterbestatus der Wiener Innenstadt verantwortlich sieht.
Zinggl kritisierte allen voran Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP), der mittels Weisung die rechtliche Möglichkeit hätte, den umstrittenen Bau zu stoppen. Doch Blümel tut es nicht. Vom Verfassungsdienst wird kolportiert, dass seit Ende Oktober 2018 negative Stellungnahmen zum Bauprojekt vorlägen, doch Blümel gibt die Ergebnisse nicht bekannt.
Keine Umweltverträglichkeitsprüfung
Der Investor – frühere linke Bezeichnung: “Heuschrecke” – hatte schon vor Beginn aller Verfahren von der Stadt Wien ein so benanntes “Commitment” auf Realisierung seines Projekts, sozusagen einen General-Persilschein, bekommen. In einem Interview mit dem mittlerweile eingestellten Wirtschaftsblatt vom 4. Juni 2014 zeigte sich Tojner in bestem Einvernehmen mit der rot-grünen Stadtregierung von Wien. Und so wies die Stadt Wien aus, dass die sonst für derartige Bauprojekte obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen sei.
Gefälligkeitsentscheidung der Wiener Landesregierung
Das erzeugte viel Kritik und laute Proteste bei der Bevölkerung. Um den Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen, beantragte Tojner daher eine freiwillige Prüfung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig sei oder nicht. Am 16. Oktober vorigen Jahres hat die dafür zuständige erste Instanz, das Amt der Wiener Landesregierung, entschieden und dem Investor entsprechend des “Commitments” bestätigt, was er haben wollte: Es wäre keine Umweltverträglichkeitsprüfung nötig.
Weil Anrainer und die Initiative “Alliance for Nature” Rechtsmittel eingelegt hatten, ging der Fall an das Bundesverwaltungsgericht. Um das zu vermeiden, zog Tojner seinen Antrag am 18. Februar zurück, denn damit wäre das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hinfällig. Dort bestätigte man die Zurückziehung des Antrags und prüfe diese nun rechtlich. Damit liegt der Ball wieder bei Minister Blümel.