Am Rande der Podiumsdiskussion mit dem Titel „Ist die EU am Ende?“ in Wien sprach unzensuriert mit dem tschechischen EU-Abgeordneten Thomas Kubin von der ANO-Partei über die zögerliche Haltung des tschechischen Präsidenten, Andrej Babiš zum Ministerpräsidenten zu ernennen.
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Klarer Wahlsieger mit 34,5 Prozent
Nach dem klaren Wahlsieg von Babiš – er errang mit seiner Partei ANO („Aktion unzufriedener Bürger“) am 5. Oktober 34,5 Prozent – konnte der tschechische Präsident Petr Pavel gar nicht anders, als ihm den Regierungsauftrag zu geben. Rasch gelang es, gemeinsam mit der Autofahrer-Partei „Motorista“ und der rechten Partei „Freiheit und direkte Demokratie“ (SPD) ein Regierungsprogramm zu erarbeiten. Doch jetzt lässt sich Pavel Zeit und zögert, Babiš zum Regierungschef zu machen.
Machtspiel mit dem Präsidenten
„Es handelt sich um eine Lex Babiš“, glaubt Kubin im Gespräch mit unzensuriert. Denn bisher habe gegolten, dass man Interessenskonflikte bis zu 30 Tage nach der Ernennung zum Ministerpräsidenten regeln müsse. Im Gegensatz dazu verlange der tschechische Präsident von Babiš diese Regelung aber vorher – „und agiert damit gegen die Verfassung“. Es sei ein Machtspiel mit dem Präsidenten, das Babiš gewinnen werde, ist Kubin überzeugt.
Politiker und Holding-Chef zugleich geht nicht
Beim Interessenkonflikt geht es darum, dass Babiš nicht gleichzeitig Ministerpräsident und Chef seiner Holding Agrofert (Agrar-, Chemie- und Lebensmittelindustrie) sein kann, da er folglich nicht Politiker und möglicher Subventionsempfänger zugleich sein kann. Seit dem Jahr 2007 verbietet das ein Gesetz.
Unternehmen könnte Kindern überschrieben werden
Während seiner ersten Zeit als Ministerpräsident (2017 bis 2021) hatte Babiš sein Unternehmen einem Treuhandfonds anvertraut, um den Interessenskonflikt zu verhindern. Diesen Fonds hatte er aber zwischenzeitlich wieder aufgelöst. Kubin sagte, er glaube, dass Babiš das Problem bald lösen werde – und zwar dadurch, dass er sein Unternehmen seinen Kindern überschreibt.
Gegenwind aus der EU
Auf die Frage, ob er glaube, dass es eine “Lex Babiš” nur deshalb gebe, weil es Gegenwind aus der EU gebe, antwortete Kubin:
Ja, ganz bestimmt. Den Gegenwind haben wir ja schon während der Wahl gespürt.
In Brüssel ist man mit der Wahlentscheidung der Tschechen gar nicht glücklich, gehört die ANO-Partei doch der Fraktion “Patrioten für Europa” (PfE) an, wo auch die FPÖ Mitglied ist. Ein tschechischer Ministerpräsident würde die drittstärkste Fraktion im Europaparlament zusätzlich stärken.



