Das Wiener Landesgericht hat die Entscheidung eines privaten Schiedsgerichts anerkannt, das auf Grundlage islamischer Rechtsvorschriften – der Scharia – geurteilt hatte.
Scharia kein Widerspruch zu österreichischen Grundwerten
Konkret ging es um einen Vertrag zwischen zwei Moslems, die vereinbart hatten, Streitigkeiten nicht vor einem österreichischen Gericht, sondern durch ein islamisches Schiedsgericht zu klären. Dieses verurteilte den einen zu einer Zahlung von mehr als einer Million Euro – und das österreichische Gericht sollte die Pfändung durchsetzen.
Der Verurteilte wehrte sich nun plötzlich vor dem Landesgericht, weil das Schiedsgericht-Urteil doch österreichischen Gesetzen widerspreche. Doch die Richter bestätigten die Rechtmäßigkeit des Scharia-Urteils, es widerspreche nicht österreichischen Grundwerten.
Argument Vertragsfreiheit
Die Begründung des Gerichts baut auf der in Österreich gültigen Vertragsfreiheit auf. Vertragspartner können im Rahmen von Schiedsvereinbarungen festlegen, dass nicht staatliche Gerichte, sondern private Schiedsrichter über Konflikte entscheiden. Ebenso können sie bestimmen, welche Rechtsordnung angewendet werden soll.
Dies ist nicht ungewöhnlich, etwa im internationalen Privatrecht, wo häufig Rechtsordnungen anderer Staaten maßgeblich sind.
Scharia-Urteil ist bindend
Das Wiener Gericht stellte klar, dass die Anwendung islamischer Vorschriften in Schiedsverfahren nur dann zulässig ist, wenn sie österreichischen Rechtsprinzipien nicht widersprechen.
Im konkreten Fall sei weder eine Verletzung der Grundrechte noch eine willkürliche Vorgangsweise des Schiedsgerichts erkennbar gewesen. Der Schiedsrichter habe Beweise erhoben, beide Parteien angehört und eine nachvollziehbare Begründung vorgelegt. Deshalb sei das Urteil rechtlich bindend.
ÖVP warnt vor Missbrauch der Vertragsfreiheit
Für die ÖVP ist der Fall dennoch alarmierend. Generalsekretär Nico Marchetti betonte, dass die Bundesregierung der Anwendung von Scharia-Regeln in Österreich künftig „dauerhaft einen Riegel vorschieben“ werde. Unter dem „Deckmantel der Vertragsfreiheit“ sei hier versucht worden, eine „islamistisch-fundamentalistische Lebensführung“ rechtlich zu legitimieren.
Das sei nicht akzeptabel, weil die Gefahr eines Dammbruchs bestehe: Wenn Gruppen beginnen, sich nicht mehr an das österreichische Zivilrecht zu halten, sondern eigene Parallel-Rechtsordnungen etablieren, werde die Einheit des Rechtsstaates untergraben.
Gefahr für Gesellschaftsordnung
Marchetti verwies besonders auf das sogenannte Personalstatut – also den Personenstand und familienrechtliche Fragen –, wo die Anwendung islamischer Regeln „besonders großen Schaden anrichten“ könne. Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau sei in Österreich unverrückbar, die Herabstufung von Frauen zu Menschen zweiter Klasse könne niemals akzeptiert werden.
Auch im Zivilrecht seien islamische Vorschriften problematisch, weil sie eine „islamistisch geprägte Parallelgesellschaft“ fördern würden.
FPÖ sieht Aufwertung islamischer Parallelgesellschaften
Noch schärfer fiel die Reaktion der FPÖ aus. Verfassungssprecher Michael Schilchegger sprach von einem Urteil, das „den politischen Islam“ massiv aufwerte. Wenn österreichische Gerichte Schiedssprüche auf Basis der Scharia anerkennen, würden sie sich „dem Willen fanatischer Islamisten unterwerfen“.
Er forderte daher ein ausdrückliches Verbot der Anwendung der Scharia in Österreich sowie eine rasche Anpassung des Islamgesetzes.
Anfang vom Ende der Frauenrechte
Schilchegger warnte, dass die Anerkennung religiöser Rechtsordnungen in Österreich zu einer „schleichenden Paralleljustiz“ führe, die nicht nur die Integrationspolitik gefährde, sondern auch fundamentale Frauenrechte untergrabe.
Das Urteil sei eine Umgehung der staatlichen Steuer- und Rechtsordnung, da es private Schiedsgerichte quasi auf dieselbe Ebene wie staatliche Institutionen hebe.
Gerichtshof für Menschenrechte gegen Scharia-Recht
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte bereits 2003 festgehalten, dass die Einführung der Scharia als paralleles Rechtssystem mit den Grundprinzipien der Demokratie und den Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention unvereinbar sei. Unterschiedliche Rechtssysteme innerhalb Europas würden unweigerlich zu Diskriminierung und Ungleichheit führen. Was schon fast paradox klingt angesichts der Tatsache, dass der EGMR mit seinen umstrittenen Urteilen regelmäßig bewirkt, dass illegale Migranten, also vorwiegend Moslems, sich in Europa festsetzen und hier entfalten können.