Mit der angekündigten Werksschließung des US-Chemieriesen Dow in Böhlen (Sachsen) und Schkopau (Sachsen-Anhalt) verliert Deutschland zwei weitere bedeutende Industriestandorte. Immer häufiger kapitulieren weltweit tätige Unternehmen vor den realen Standortbedingungen in Deutschland.
Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit in Europa
Der Standort Schkopau, vielen noch bekannt durch das einstige DDR-Werbeschild “Plaste und Elaste aus Schkopau” an der A9, blickt auf eine über 80-jährige Industriegeschichte zurück. Als ehemaliges Buna-Werk war es einst Teil des IG-Farben-Konzerns, später einer der größten Polymer-Produktionsstandorte der DDR. Das Chemieprogramm der SED in den 1950er-Jahren hatte es gar zum Vorzeigeobjekt erklärt. Nun droht das endgültige Aus. In Böhlen, südlich von Leipzig, produziert Dow Spezialkunststoffe und Verpackungen. Auch dieser Standort soll bis spätestens Ende 2027 geschlossen werden, betroffen sind rund 550 Beschäftigte. Wie das Freilich Magazin berichtete, begründet der Konzern das mit hohen Kosten, schwierige Nachfragebedingungen und mangelnde Wettbewerbsfähigkeit in Europa. Dow-Vorstandschef Jim Fitterling erklärte, “unsere Branche in Europa ist weiterhin mit einer schwierigen Marktdynamik sowie einer anhaltend herausfordernden Kosten- und Nachfragelandschaft konfrontiert”. Besonders betroffen seien energieintensive Sparten wie Verpackungen, Kunststoffe und industrielle Zwischenprodukte – genau jene, die in Böhlen und Schkopau gefertigt werden.
AfD: “Katastrophe für Wirtschaftsstandort”
Mit dem Aus für Böhlen und Schkopau verschwinden nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch jahrzehntelange industrielle Kompetenz und Wertschöpfung aus der Region. Für die östlichen Bundesländer, die seit der Wende mühsam Industrieansiedlungen aufgebaut haben, ist die Entscheidung ein harter Rückschlag. Der wirtschaftspolitische Sprecher der AfD-Fraktion Sachsen-Anhalt, Matthias Lieschke, kritisierte die Entwicklung scharf: “Die nunmehr beschlossene Stilllegung der Chlor-Alkali- und Vinyl-Anlagen in Schkopau ist eine Katastrophe für den Wirtschaftsstandort Sachsen-Anhalt und für die betroffenen Mitarbeiter vor Ort.” Lieschke sieht in der hohen Steuer- und Energielast, sowie in überbordender Bürokratie, die Hauptursachen für den industriellen Rückzug. Die Politik schaffe keine attraktiven Bedingungen mehr für Industrieproduktion . Das sei kein Einzelfall, sondern ein Symptom der schleichenden De-Industrialisierung Deutschlands. Er kündigte an, dass eine AfD-geführte Landesregierung nach der Landtagswahl 2026 wieder verlässliche Rahmenbedingungen für Chemieunternehmen schaffen werde.
Mosaikstein im Gesamtbild
Die Werksschließungen stehen symbolisch für eine zunehmende wirtschaftliche Schwäche Deutschlands. Wo früher der “Exportweltmeister” Maschinen, Chemikalien und Fahrzeuge in alle Welt lieferte, schrumpft heute die industrielle Basis. Immer mehr Unternehmen – ob BASF in Ludwigshafen, BMW in Leipzig oder Siemens Energy – lagern Produktionen ins Ausland aus oder fahren sie zurück, weil die Rahmenbedingungen hierzulande als kaum noch tragbar gelten. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) schlug hierzu bereits Alarm. Hohe Energiekosten, verursacht durch den teuren Umbau des Strommarkts, hohe Steuer- und Abgabenlast, immer neue regulatorische Hürden, Planungsunsicherheit sowie ein zunehmend instabiles gesellschaftliches Klima sorgen dafür, dass Investoren lieber in andere Regionen der Welt ausweichen. Die Dow-Schließung ist deshalb mehr als ein regionales Ereignis: Sie ist ein weiterer Mosaikstein in einem Bild der Deindustrialisierung des Wirtschaftsstandorts Deutschland.