Im August hatte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) einen Freistellungsbescheid unterschrieben. Damit wird das umstrittene Hochhausprojekt am Heumarkt aus der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) entlassen.
Umfaller von den Neos
Möglich wurde dies, weil die Neos entgegen ihrer bisherigen Linie auf die rote eingeschwenkt sind. Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos), der die Koalition mit der SPÖ anführt, kassierte das Versprechen, „ein klares Nein“ zu einer UVP-Befreiung zu sagen, solange das Projekt nicht UNESCO-konform sei.
Erhöhung der zulässigen Gebäudehöhe
Denn darum geht es: Die UNESCO sieht in dem Monsterbau des Millionärs Michael Tojner eine Stadtbild-Verschandelung. Ein Neubau mit 47,85 Metern Höhe und einer 56,5 Meter hohen „Wohnscheibe“ am Tor zur Wiener Innenstadt wäre für die UNESCO Grund, der Bundeshauptstadt das für den Tourismus wichtige Prädikat „Weltkulturerbe“ abzuerkennen.
Verwirrspiel mit UNESCO
Doch die Stadt Wien arbeitet mit allen Tricks. Sie ließ sich in von ihr selbst beauftragten Gutachten klarmachen, dass der Bau lediglich „geringfügige und daher als nicht wesentlich einzustufende“ Beeinträchtigungen für das Weltkulturerbe und die Umwelt habe. „Die UNESCO wurde bereits darauf hingewiesen, dass hier ein Verwirrspiel getrieben werde und die bereits eindeutig abgelehnten Projektvarianten weiterhin bei der Baubehörde anhängig sind, weiters, dass die bisherigen Verfahrensschritte sich zumindest in der Grauzone des Gesetzes bewegen“, schreibt dazu Die Presse.
Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht
Gegen den Freistellungsbescheid und damit den Freifahrtschein für den Bauwerber haben Bürger und zwei Umweltorganisationen Beschwerde eingelegt, über die heute, Mittwoch, am Bundesverwaltungsgericht verhandelt wird.
Frischluftzufuhr nicht mehr wichtig?
Im Zentrum der Verhandlung steht die Frage, warum die damals rot-grüne Stadtregierung die zulässige Gebäudehöhe von 38 Metern auf mehr als 50 Meter angehoben hatte. Denn die alte Höhe war nicht willkürlich gewählt worden. Sie sollte die Frischluftzufuhr zum Stadtpark ermöglichen.
Doch die Stadt Wien behauptet Stein und Bein, dass Gebäude, die fast ein Drittel höher als die Frischluftmarke sind, bloß eine unwesentliche Beeinträchtigung darstellen.
Ominöses Versprechen
Erwartet wird, dass bei der morgigen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auch das umstrittene „Commitment“ zur Sprache kommen wird. Mit diesem hatte die Stadt Wien schon vor der umstrittenen Flächenwidmung mit ihrer Steigerung der zulässigen Gebäudehöhen Tojner quasi einen General-Persilschein ausgestellt, mit dem er auf dem Areal des Hotel Intercontinental das Luxuswohnhaus bauen darf.
Sämtliche Gremien – Gemeinderat, Magistratsabteilungen, Volksanwaltschaft, Gutachter, Wettbewerbsjury, ICOMOS Österreich etc. – verteidigen seither den geplanten Monsterbau und lobbyieren bei der UNESCO, die sich aber bisher kein X für ein U vormachen ließ. Sie droht weiterhin mit dem Aus des Weltkulturerbe-Prädikats, wenn die Gebäudehöhen nicht zurückgenommen werden.