In ganz Europa stehen die Zeichen auf Veränderung. Auch in Rumänien stärkten die Wähler am Sonntag bei der Parlamentswahl die rechten Kräfte.
Deutlicher Rechtsruck
Zwar wurde die sozialdemokratische PSD mit 22,5 Prozent der Stimmen stimmenstärkste Partei. Gegenüber der Wahl vor vier Jahren hat sie aber fast sieben Prozentpunkte verloren.
Sieger der Wahl ist damit die rechte Partei „Allianz für die Vereinigung der Rumänen“ (AUR). Die EU-kritische Partei unter dem Parteivorsitzenden George Nicolae Simion konnte ihre Stimmen mehr als verdoppeln und erreichte 17,7 Prozent und damit den zweiten Platz. Auch andere rechte Parteien stiegen gestärkt aus der Wahl aus, und zusammen kommen die rechten Kräfte auf rund 32 Prozent der Stimmen.
Absage an roten Parteichef Ciolacu
Regierungs- und PSD-Chef Ion-Marcel Ciolacu sagte nach der Parlamentswahl, dass die PSD die Warnung der Wählerschaft verstanden habe. Er sei sich der Verantwortung gegenüber dem Land wohl bewusst. Ciolacu, der sich eine Woche davor auch als Präsident zur Wahl gestellt und eine Niederlage eingefahren hatte, kündigte seinen Rücktritt als PSD-Vorsitzender an, beansprucht aber als stimmenstärkste Partei den Auftrag zur Regierungsbildung.
Ungarische Minderheit mit sechs Prozent
Auf Platz drei landete die zentristische PNL mit 13,59 Prozent, gefolgt von der bürgerlich-liberalen USR mit knapp zwölf Prozent der Stimmen. Die politische Vertretung der ungarischen Minderheit UDMR errang sieben Prozent der Stimmen und damit Platz fünf. Etwa gleich viele Stimmen gewann die rechte Partei SOS Romania und sechs Prozent die rechte Partei POT.
Im Schatten der Präsidentschaftswahl
Die kurz davor ausgetragene Präsidentschaftswahl hatte im Vorfeld der Parlamentswahl für Spannung gesorgt. Der rechtsgerichtete dreifache Vater Calin Georgescu war mit fast 23 Prozent der Stimmen völlig überraschend als Gewinner hervorgegangen. Das wollte das Establishment nicht akzeptieren und ließ zwei der unterlegenen Kandidaten die Wahl anfechten. Sie argumentierten, dass Georgescu die Finanzierung seines Wahlkampfs nicht offengelegt hätte und von TikTok bei der Wahlwerbung bevorzugt worden wäre.
Neuauszählung bestätigt Rechtsruck
Doch nach der erneuten Auszählung der meisten Stimmzettel der ersten Runde erklärten die Verfassungsrichter, dass eine Anfechtung der Wahl nicht infrage komme, also die Auszählung korrekt war. Der damit aus dem Rennen endgültig ausgeschiedene Ciolacu gab danach keine Wahlempfehlung ab, sondern rief die Rumänen auf, „selbst zu entscheiden“, wen sie als Nachfolger des deutschstämmigen Klaus Werner Johannis aus Siebenbürgen sehen wollen.
In Brüssel liegen die Nerven blank
Brüssel sieht indes mit Argwohn auf Bukarest, zumal Georgescu betonte, man werde seine Pflicht gegenüber NATO und EU einhalten, aber nur noch in dem Maße, wie diese ihre „Verpflichtungen gegenüber Rumänien“ erfüllen. Entsprechend wurde die Medienmaschinerie hochgefahren und die Rumänen mit den üblichen Argumenten wie „russlandfreundlich“ vor einem rechten Präsidenten gewarnt.
Am kommenden Sonntag werden die Rumänen eine Richtungsentscheidung treffen müssen: für oder gegen einen Brüssel-hörigen Kurs, für die Unterstützung des Friedens oder für die Lieferungen von Geld und Waffen zur Fortsetzung des Krieges in der Ukraine und für mehr oder weniger Souveränität.