Am 9. Februar 2024 hatte „ZIB“-Veteran Hans Bürger, 62, erfahren, dass er nicht mehr im Hauptabendprogramm des ORF auftreten darf. Was war schuld an dieser Degradierung?
In einem Gespräch heute, Samstag, mit Conny Bischofberger in der Kronen Zeitung gibt der Politikjournalist zu, dass er mit der Schmach, ausgerechnet im Superwahljahr abgelöst worden zu sein, schwer zurechtgekommen sei und dass er sogar psychologische Hilfe in Anspruch nehmen musste, um darüber hinweg zu kommen. Aber was hat den ORF dazu bewegt, den beliebten Kommentator zu „Guten Morgen Österreich“ und „Studio 2“ abzuschieben?
ServusTV gelobt
Auf die Frage von Bischofberger, ob der Grund vielleicht darin liege, dass er bei einer Veranstaltung in Bregenz ServusTV gelobt habe, antwortete Bürger:
Einige sehen das so. Diese Geschichte ärgert mich noch heute maßlos. Zunächst einmal wurde ich dort ausgepfiffen. Es ging um die Corona-Maßnahmen, und ich war der erklärte Feind.
Hans Bürger sagte, er habe auf die Frage aus dem Publikum, ob er Wegscheider schaue, geantwortet, dass zu Hause im oberösterreichischen Salzkammergut viele Menschen ServusTV schauen würden, „und so natürlich auch den Herrn Wegscheider“. Daraus habe der Standard die Schlagzeile „Hans Bürger schaut nur Wegscheider“ gemacht. Das sei kein Journalismus, so der ORF-Mann.
Im ORF muss man einiges aushalten
Wie berichtet, sagte Hans Bürger bei der Veranstaltung im September 2022 in Bregenz tatsächlich:
Im ORF muss man einiges aushalten, wenn man im Salzkammergut unterwegs ist, gerade in Corona-Zeiten. Da sagen’s da: I schau nur mehr Wegscheider. Sag ich: Ja, eh, i a.
ServusTV gelte im ORF als „rotes Tuch“ oder besser als rot-weiß-rotes Tuch, denn ServusTV hebe sich wohltuend vom „Rotfunk“ ORF (Zitat Bürger) ab. Der Innenpolitikchef selbst sei „nie mit allem einverstanden, was im ORF passiert.“ Aber um seinen „Job“ nicht zu verlieren, werde er hier, bei der Podiumsdiskussion, nicht zu viel sagen, weil er „schon noch ein paar Jahre dort arbeiten“ will.
Fehlende Unabhängigkeit
Aber hin und wieder entkamen ihm doch einige wichtige Bekenntnisse. So über die fehlende Unabhängigkeit der Journalisten. Er sei als längstdienender Ressortleiter in seinen Analysen und Kommentaren zwar absolut frei, aber „das war’s dann aber auch schon wieder“:
In der Berichterstattung wird schon sehr, sehr viel versucht. Da brauchen wir uns überhaupt nichts vormachen.
“Irgendwann ist es dir völlig wurscht”
Das alles sagte Bürger im Jahr 2022. Heute in der Kronen Zeitung formulierte er vorsichtiger. Der Versuch des politischen Einflusses sei so alt wie der ORF selber. Wörtlich meinte er:
Wenn Leute schreien und drohen, dass das und jenes für deine berufliche Zukunft nicht gut sein werde, dann ist dir das irgendwann völlig wurscht.
„Wer droht und schreit?“, will Conny Bischofberger wissen. „Kein Kommentar“, sagte Hans Bürger darauf. Gelernt aus dem Jahr 2022, als Hans Bürger noch geglaubt hatte, seine Meinung offen und ohne Konsequenzen sagen zu dürfen, schweigt er jetzt lieber, wenn ihm solche Fragen gestellt werden. Schließlich möchte der 62-Jährige noch ein paar ruhige Jahre im ORF verbringen, bis er mit 65 Jahren in Pension geht.