„Auf den Straßen von Buenos Aires kocht es“, titelte der Standard über Argentiniens Präsidenten Javier Milei im Juni.
Unverständnis bei linken Journalisten
Fast unverständlich schreiben die Haltungsjournalisten:
Der wirtschaftliche Kahlschlagkurs von Javier Milei inmitten einer schweren Krise sorgt für Verwerfungen, trotzdem sitzt Argentiniens Präsident fest im Sattel.
Und tatsächlich: Mileis Zustimmungswerte sind nach wie vor gleich hoch wie bei seiner Wahl im Dezember 2023. Und das, obwohl die Armutsquote heuer auf den höchsten Wert seit 20 Jahren gestiegen ist und die oppositionellen, linken Peronisten täglich Demonstrationen gegen ihn veranstalten.
Mentalitätswechsel in der Gesellschaft
In einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt erklärte kürzlich der Ökonom Philipp Bagus das Phänomen Milei:
Er hat offenbar einen Mentalitätswechsel in der argentinischen Gesellschaft hinbekommen.
Viele Argentinier hatten den Eindruck, dass es so wie bisher es nicht weitergehen konnte. „Zunächst hat Milei vor den Wahlen angekündigt, welchen Weg er gehen will. Er hat massive Kürzungen, Sparmaßnahmen, Privatisierungen angekündigt, die erst einmal Opfer von der Bevölkerung abverlangen. Er hat reinen Wein eingeschenkt, dass es anfangs sehr schwierig werden wird“, sagt Bagus.
Besserung stellt sich ein
Der Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Rey Juan Carlos in Madrid hat ein Buch über Milei herausgebracht: „Die Ära Javier Milei“. Darin legt er offen, dass Milei durchaus Besserung versprach. Und die stellt sich langsam ein. Die Hyperinflation ist gebrochen: Die monatliche Inflation sank von 25 Prozent auf vier, der Staatshaushalt wirtschaftet erstmals seit Jahrzehnten positiv, die Mieten sinken, die Armutsrate sinkt bereits.
Drastische Sparmaßnahmen
Dafür hat er die Staatsausgaben radikal gesenkt: Von 22 Ministerien bleiben nur neun übrig. Damit reduzierte er die Staatsausgaben um 35 Prozent. „Die Argentinier haben diesen Weg verstanden.“ Es ging nur mit schmerzlichen Reformen.
Gefahr droht vor allem von links. Denn „der jetzt oppositionelle Peronismus weiß: Hat Milei Erfolg, dann war es das mit der Machtoption für lange Zeit.“ Deshalb torpedieren die Linken jede wirtschaftliche Besserung. „Der Widerstand gegen ihn ist in linksliberalen Medien und innerhalb der linken Politik so groß, weil er ihre Macht infrage stellt und herausfordert“, so der Wirtschaftsprofessor.
Aus für übergriffigen Staat
Dabei scheuen die Linken nicht vor drastischen Schreckgespenstern zurück. Sie unterstellen Milei, eine Diktatur errichten zu wollen. Doch, so Bagus, Milei vertrete als Libertärer genau das Gegenteil einer Diktatur:
Er verteidigt die Grundrechte des Einzelnen gegen die Ein- oder Übergriffe des Staates.
Je weniger Staat, umso besser. Der Staat soll sich auf die „Grundfunktionen wie Bereitstellung eines Justizsystems oder Sicherheit“ beschränken. „Für alles andere ist die Zivilgesellschaft da.“
Milei zeigt, wie es geht
In vielen westlichen Staaten wird Milei entweder lächerlich gemacht, als „Anarcho-Kapitalist“ verunglimpft oder gar als künftiger Diktator dargestellt. Bagus erklärt, dass gerade dort dieselben Probleme wie in Argentinien bestehen, ja noch „ausgeprägter“: Überschuldung, Inflation, ein überbordender Vorsorgestaat, ein nicht mehr funktionierendes Pensionssystem.
Mileis Politik dürfte in Argentinien erfolgreich sein – und damit den anderen Staaten zeigen, wie es geht – gemeinsam mit der Bevölkerung und nicht gegen sie. Doch die bisherigen Inhaber der Pfründe, diejenigen, die sich den Staat zur Beute gemacht haben, würden Federn lassen müssen. Genau darum geht es: Das wollen sie unter allen Umständen verhindern.