Geht es mit dem „tiefen Staat“ der ÖVP auch nach der Nationalratswahl weiter wie bisher? Diesen schlimmen Verdacht nährt jetzt die Tatsache, dass die Justiz eine höchst unangenehme Anzeige für die Partei in nur zwei Tagen “geschreddert” hat.
Wie berichtet, hatte die ÖVP auf den damaligen niederösterreichischen ORF-Landesdirektor Robert Ziegler mutmaßlich Einfluss genommen und so Wahlen manipuliert. Eine Recherche von Dossier brachte diese skandalösen Machenschaften kürzlich zutage, indem die Plattform aus dem internen Prüfungsbericht des ORF zitierte. Ziegler war nach den Vorwürfen zurückgetreten, arbeitet aber weiterhin beim ORF am Küniglberg in Wien-Hietzing. Der Bericht selbst sei nach einem Jahr weiterhin unter Verschluss, kritisierte FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker im September bei einer Pressekonferenz. Jeder Zwangsgebührenzahler habe aber das Recht, ihn zu sehen.
Kein Ermittlungsverfahren
Für die Justiz sei das alles kein Thema, diese habe eine Anzeige des Freiheitlichen Parlamentsklubs (eingebracht am 23. September) zum Ziegler-Bericht in nur zwei Tagen “geschreddert”, informierte Hafenecker in einer aktuellen Aussendung. Das sei kaum zu glauben, aber wahr. Die Anzeige sei von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) an die Staatsanwaltschaft Sankt Pölten weitergeleitet worden, die am 25. September mitgeteilt habe, dass „nach Prüfung der Vorwürfe von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen wird“.
Einfluss ÖVP-naher Kreise
Hafenecker vermutet eine Bevorzugung der ÖVP. Er sagte dazu:
Es wäre wenig verwunderlich, wenn sowohl die Verzögerung des ORF-Prüfberichts als auch die Beschleunigung des Ermittlungs-Endes durch den Einfluss ÖVP-naher Kreise auf die handelnden Personen begünstigt worden wären.
Verdacht in zwei Tagen ausgeschlossen
Aufatmen könne angesichts der raschen Entscheidung der Staatsanwälte in Sankt Pölten jedenfalls auch der scheidende Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), bei dessen Alois-Mock-Institut Ziegler als „Dankeschön“ für „seine Dienste“ einen Moderations-Auftrag erhalten habe, wie es das Medium Dossier vermutete. „Bezahlte Aufträge als Gegenleistung für genehme Berichterstattung bildeten der Kern unserer Sachverhaltsdarstellung. Es ist mir schleierhaft, wie man diesen Verdacht in nur zwei Tagen ausschließen kann“, rätselt Hafenecker.