Früher genossen die Verfassungsrichter hohes Ansehen, weil sie wenigstens versuchten, neutral zu sein. Jetzt erfüllen sie die Wünsche der Altparteien.

24. September 2024 / 14:38 Uhr

Postenschacher im MDR-Rundfunkrat: Wie der Rechtsstaat täglich demontiert wird

Im immer brutaler geführten Kampf um den Machterhalt scheuen die Altparteien CDU, SPD und Grüne auch nicht vor der Demontage des Rechtsstaates zurück.

Willkürliche Änderung der Geschäftsordnung

So stünde laut Geschäftsordnung des sächsischen Landtags der AfD kraft ihrer Wählerstimmen ein Sitz im MDR-Rundfunkrat zu. Aber weil die vereinigten Einheitsparteien nichts vom Kuchen abgeben wollten, vor allem nicht an die AfD, haben sie 2021 kurzerhand die Gepflogenheiten geändert. Die Regierungskoalition beschloss, dass alle Fraktionen im Landtag Kandidaten für die Wahl aufstellen dürfen – und wählten einen anderen.

Und flux: kein Sitz für die AfD im Aufsichtsgremium des Mitteldeutschen Rundfunks. Die AfD-Fraktion sah darin eine Beschneidung ihrer parlamentarischen Rechte.

Klage beim Landesverfassungsgerichtshof

Daher wandte sie sich an den Landesverfassungsgerichtshof. Dort argumentierten sie, dass die Abweichung von der Geschäftsordnung nicht nur ungewöhnlich, sondern auch unrechtmäßig gewesen sei und darauf abzielte, die zweitstärkste Fraktion im Landtag von der Mitwirkung in einem öffentlich-rechtlichen Gremium auszuschließen.

Doch auch der sächsische Landesverfassungsgerichtshof macht mit bei der Demontage des Rechtsstaates und wies die Klage der AfD nun ab. Er sah in der Abkehr von den bisherigen Gepflogenheiten keine rechtlichen Mängel, zumal sie ja von der Regierungskoalition, also von einer Mehrheit der Abgeordneten beschlossen worden war. Auch die statt des AfD-Vertreters entsandten Mitglieder in den Rundfunkrat hätten doch eine Mehrheit der Stimmen erhalten, so das Verfassungsgericht. Damit sei alles gut.

Was nicht passt, wird passend gemacht

Das Verfassungsgericht sieht also keine Probleme mit der Rechtssicherheit und auch keine mit der Parteilichkeit gegen die AfD, die immerhin ein Drittel der Bevölkerung vertritt. Und auch damit nicht, dass offensichtlich wird, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk zu sein hat: ein Sprachrohr der Regierungspropaganda gegen die Opposition.

Die Verfassungsrichter genossen bis vor zehn Jahren ein hohes Ansehen. Dies hing auch daran, dass sie nach der Ernennung wenigstens versuchten, einigermaßen neutral zu sein. Heute lassen sie sich von den Regierungsparteien, die ihnen auf ihren Posten halfen, zum Essen einladen – und vor den parteipolitischen Karren spannen. Zum Schaden der Rechtsstaatlichkeit.

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