Auch wenn die schwarz-grüne Bundesregierung nur noch streitet und sich gegenseitig boykottiert – beim Krallen nach Top-Jobs sind sich ÖVP und Grüne einig.
Frecher Postenschacher
Das, was gestern, Dienstag, im Ministerrat beschlossen wurde, hat es in der Zweiten Republik noch nicht gegeben und kann wohl nur als frecher Postenschacher bezeichnet werden. ÖVP und Grüne installierten den amtierenden ÖVP-Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher als neuen Gouverneur der Österreichischen Nationalbank (OeNB).
Amtsantritt erst im September 2025
Man muss sich das vorstellen: Kocher wird seinen neuen Job als OenB-Gouverneur erst im September 2025 antreten. Den Grund der frühzeitigen Bestellung kann man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die frühzeitige Neubesetzung der Posten wäre deshalb erfolgt, damit die Regierung so noch selbst vor der Nationalratswahl im September entscheiden konnte.
Auch Posten für Grüne im Direktorium
Damit geht die ÖVP auf Nummer sicher und verhindert, dass die künftige Bundesregierung – womöglich ohne ÖVP-Beteiligung – wichtige Posten in der Republik selbst besetzen kann. Eine Vorgangsweise, die nur noch als beschämend bezeichnet werden kann. Natürlich geschieht das nicht, ohne dass auch die Grünen profitieren: Ins OeNB-Direktorium wird kommendes Jahr auch Josef Meichenitsch von den Grünen einziehen.
Finanzminister bekommt Job in Brüssel
Dass die ÖVP vor der Nationalratswahl am 29. September nur noch nach Macht und Geld strebt, hatte auch schon die Besetzung des EU-Kommissars gezeigt. Dafür wurde vergangene Woche ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner nominiert, obwohl die ÖVP bei der EU-Wahl am 9.Juni klar hinter der FPÖ gelandet war.
“Ungenierter Postenschacher”
FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz zeigte sich über den „ungenierten Postenschacher“ in einer Aussendung empört:
Einen derart ungenierten Postenschacher wie bei den ÖVP-Ministern Brunner und Kocher hat diese Republik noch nicht gesehen.
Verrat an den heimischen Landwirten
Noch schlimmer ist aus FPÖ-Sicht allerdings der Preis, den die ÖVP dafür bezahlen musste, um ihre beiden Minister zu versorgen. Für Brunner als EU-Kommissar habe die ÖVP den Verrat an den heimischen Landwirten durch die Zustimmung der grünen Ministerin zur Renaturierungsverordnung der EU in Kauf genommen. Der Wechselkurs für die Bestellung Kochers zum Nationalbank-Gouverneur sei der völlig überhastete und verantwortungslose Ausstieg aus russischem Gas bis 2027. Schnedlitz meinte wörtlich:
Es ist unglaublich, wie eine Partei, die von sich behauptet, die Interessen der Wirtschaft und der Landwirte zu vertreten, diese beiden Vorhaben absegnen konnte.
Es sei auch besonders ungeniert, dass die Nachfolge des Nationalbank-Gouverneurs Robert Holzmann ein Jahr (!) vor dessen Ausscheiden aus dem Amt geregelt werde.