Machte der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, Yossi Cohen, der Chefanklägerin des Internationalen Gerichtshofes (IStGH), Fatou Bensouda, ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnte?
Ungeheurliche Behauptungen
Dieser Mafia-Ausspruch, den man aus Filmen wie „Der Pate“ kennt, scheint berechtigt, liest man die Enthüllungen einer investigativen Zusammenarbeit des Guardian, der israelisch-palästinensischen Publikation +972 Magazine und dem hebräischen Outlet Local Call (worüber auch die Kleine Zeitung und Haaretz berichtet hatten). In diesen Publikationen wird Ungeheuerliches behauptet: Cohen soll durch Drohungen und Einschüchterungen versucht haben, Bensouda dazu zu bewegen, eine Untersuchung gegen Israel wegen Kriegsverbrechen fallenzulassen.
Sicherheit der Familie bedroht
Ziel des Mossad sei es gewesen, die Chefanklägerin der IStGH zu kompromittieren oder als Verbündete zu gewinnen. Laut Guardian soll Cohen zu Bensouda gesagt haben:
Sie sollen uns helfen, und wir kümmern uns um Sie. Sie wollen sich nicht in Dinge verwickeln, die Ihre Sicherheit oder die Ihrer Familie gefährden könnten.
Der Mossad soll sich auch für Bensoudas Familienmitglieder und geheime Aufzeichnungen ihres Ehemanns interessiert haben, die später gegen sie verwendet werden sollten. Diese Enthüllungen sind Teil einer umfassenderen Untersuchung, die aufzeigt, wie mehrere israelische Geheimdienste eine verdeckte „Kriegführung“ gegen den IStGH führten.
Israel weist Vorwürfe zurück
Diese verabscheuungswürdige Taktik soll also auf dem internationalen Parkett der Politik stattfinden. Oft wird darüber hinter vorgehaltener Hand gesprochen, offizielle Bestätigungen gibt es nie. Auch diesmal nicht. Israel bezeichnete die Vorwürfe gegenüber den Zeitungen als „falsch“ und „unbegründet“. Cohen und Bensouda selbst sollen eine Stellungnahme abgelehnt haben.
Kriegsverbrechen im Gazastreifen
Konkret sollen die geheimen Kontakte zwischen Cohen und Bensouda in den Jahren vor der Entscheidung stattgefunden haben, eine formelle Untersuchung zu eröffnen. Diese 2021 gestartete Untersuchung hatte letztlich dazu geführt, dass Bensoudas Nachfolger, Karim Khan, Haftbefehle gegen den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu und den Verteidigungsminister Yoav Galant beantragt hat. Die Ermittlungen betreffen auch drei Hamas-Führer und werfen den israelischen Führern Kriegsverbrechen im Gazastreifen vor.
Interessant: Der derzeitige IStGH-Chefankläger Khan hatte kürzlich betont, dass er „nicht zögern werde, Versuche zu verfolgen, IStGH-Beamte zu behindern, einzuschüchtern oder unangemessen zu beeinflussen“.