Langsam lichten sich die Nebel, warum sich FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl im ÖVP-Universum dermaßen unbeliebt gemacht hat. Er wollte in der türkis-blauen Regierungszeit nicht beim Postenschacher und der Günstlingswirtschaft des damaligen Koalitionspartners mitmachen.
Lukrativer Auftrag für ÖVP-Freunderl gedacht
Aus einer aktuellen Meldung der Nachrichtenagentur APA geht hervor, dass das 2017 von Wolfgang Sobotka (ÖVP) geführte Innenministerium unmittelbar vor dem Ressortwechsel zur FPÖ noch am 15. Dezember hastig einen Rahmenvertrag für Beratungs- und Kommunikationsdienstleistungen über 800.000 Euro ausgeschrieben hatte. „Ganz offensichtlich sollte eine ÖVP-nahe Agentur weit über die eigene Amtszeit hinaus mit Steuergeld versorgt werden“, mutmaßt FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker in einer Aussendung. Und dieser Verdacht scheint nicht ganz unbegründet, denn wie die APA ausführt, wurden derartige Rahmenvereinbarungen vor allem während der Kanzlerschaft von Sebastian Kurz abgeschlossen und waren davor eher unüblich.
„Besondere Dreistigkeit“
Bei seiner Befragung im parlamentarischen Untersuchungsausschuss bestätigte Kickls damaliger Mitarbeiter, Alexander Höferl, heute, Donnerstag, dass er diese Ausschreibung kenne. Sie sei am 15. Dezember, drei Tage vor Kickls Amtsübernahme, von zehn Personen unterfertigt worden und hinausgegangen. Es sei derselbe Tag gewesen, an dem ÖVP und FPÖ ihre Zusammenarbeit bekanntgegeben hatten und der ÖVP klar gewesen war, dass sie das Innenministerium nicht mehr innehatte. Höferl habe sich den Akt angeschaut, der bei ihm den Eindruck „besonderer Dreistigkeit“ erzeugt habe.
Er sagte weiter aus, dass ihm ein Mitarbeiter der damaligen Staatssekretärin Karoline Edtstadler gesagt habe, man solle den Auftrag für den Rahmenvertrag nicht streichen. Der bewirke nämlich, dass man befreundete Agenturen einsetzen könne, ohne dass das auffalle.
Kickl stornierte die Ausschreibung
Um die lukrative Dienstleistung beworben hatten sich lediglich zwei Agenturen, von denen eine zuvor vor allem mit Aufträgen durch ÖVP-Vertreter aufgefallen war, schreibt dazu die APA. Wer da wohl zufällig der Bestbieter gewesen wäre? Doch Kickl machte als neuer Innenminister der türkisen Freunderlwirtschaft im Ministerium ein Ende und zog die Ausschreibung mit der Begründung zurück, dass kein Bedarf bestünde. Mit einem Schlag hatte er dem Steuerzahler 800.000 Euro erspart.
ÖVP-Staatssekretärin sprang ein
Doch die ÖVP wollte sich nicht ganz geschlagen geben und brachte die damalige Staatssekretärin im Innenressort, Edtstadler, ins Spiel. Laut APA heuerte sie die ÖVP-nahe Agentur ersatzweise mit einem Auftragswert von 40.000 Euro an. Es sollen daraufhin Vorwürfe laut geworden sein, dass das Budget für parteipolitische Zwecke – etwa den EU-Wahlkampf – verwendet worden sei.
Für FPÖ-Generalsekretär Hafenecker wirft die Causa „ein höchst schiefes Licht“ auf die damalige ÖVP-Staatssekretärin, die seiner Meinung nach als Lückenbüßerin für die durch den Widerruf um ihr vermutlich schon fix eingeplantes Geschäft gebrachte Agentur eingesprungen war.
Kickl machte auch bei Postenschacher nicht mit
Vor zwei Wochen war aus damaligen Chats bekannt geworden, dass sich Kickl 2019 in seiner Amtszeit als Innenminister einem Personalwunsch der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) widersetzt hatte (unzensuriert berichtete). Diese wollte den Parteigünstling Franz Popp als neuen Niederösterreichischen Landespolizeidirektor eingesetzt sehen. Ein Postenschacher, bei dem Kickl nicht mitmachen wollte. Er begründete die Entscheidung, dass Popp nicht die Voraussetzung eines abgeschlossenen Jus-Studiums für diese Leitungsposition erfülle.