Der Kurier ist heute, Montag, am Landesgericht für Strafsachen in Wien wegen Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs über einen angeblichen Suizidversuch des Ex-FPÖ-Poltikers Hans-Jörg Jenewein zu 27.000 Euro Entschädigung verurteilt worden.
Vier Artikel entschädigungspflichtig
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beide Seiten haben jetzt drei Tage Zeit, um Rechtsmittel einzulegen. Der Anwalt Jeneweins, Niki Haas, sagte gegenüber unzensuriert, er habe von seinem Einspruchsrecht bereits Gebrauch gemacht, da Teile der Klage seiner Meinung nach zu Unrecht abgewiesen worden seien. Als enschädigungspflichtig erkannte der Richter jedenfalls vier Artikel, die zwischen dem 7. und dem 9. August 2022 erschienen waren, an.
Richterin: Was war überhaupt richtig in diesem Artikel?
Wie berichtet, ist in dieser Causa bereits die Kronen Zeitung – ebenfalls noch nicht rechtskräftig – zur Zahlung von 96.000 Euro verurteilt worden. Beim Prozess am 18. Jänner drückte Richterin Nicole Baczak ihr Unverständnis über die Schreiber der Kronen-Zeitungs-Redaktion aus. Sie meinte:
Man könnte auch die Frage stellen: Was war überhaupt richtig in dem Artikel? Ihr Name war richtig geschrieben?
Gleich gegen mehrere Journalisten-Grundsätze verstoßen
Die ungustiösen Berichte seien laut Anwalt Haas sowohl in der Kronen Zeitung, als auch im Kurier ziemlich zeitgleich erschienen. Allerdings habe der Kurier in seinen Artikeln auf Angaben in krone.at verwiesen.
Die Geschichten über einen angeblichen (erfundenen) Abschiedsbrief, der FPÖ-Chef Herbert Kickl belastet haben soll, und einen angeblichen Suizidversuch Jeneweins hat vor den Medien-Prozessen auch schon der Presserat scharf verurteilt. Die Kronen Zeitung, rügte der Presserat, habe gleich gegen mehrere Journalisten-Grundsätze verstoßen.
Hafenecker: “Tiefpunkt des Journalismus”
FPÖ-Mediensprecher Christian Hafenecker sprach schon damals vom „Tiefpunkt des Journalismus“. Er meinte:
Was sich weite Teile der Medienlandschaft dieses Landes – allen voran “Kronen Zeitung“ und “Kurier“ – hier erlaubt haben, ist unfassbar. “Geschichten“ wurden einfach frei erfunden, Hans-Jörg Jenewein nach seiner tragischen Verzweiflungstat durch die Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte für vogelfrei erklärt und seine Familie in diesen schweren Stunden nicht geschützt, sondern mit dieser entsetzlichen Art der Berichterstattung auch noch nachgetreten. Mit Journalismus hat das nichts mehr tun – das ist übelste Hetze. Dass dieser tragische Suizidversuch dann auch noch unter wüstesten Spekulationen und Falschnachrichten, die jeglicher Grundlage entbehren, missbraucht worden ist, um FPÖ-Obmann Herbert Kickl zu schaden, ist besonders niederträchtig. Der Presserat muss sich daher sofort damit befassen und klare Worte der Verurteilung zu diesen publizistischen Abgründen finden!
Vertrauen in den Rechtsstaat
Der Presserat hat sich Hafeneckers Appell offensichtlich zu Herzen genommen und reagiert. Dass Jenewein nun auch noch die Medienprozesse gegen Kronen Zeitung und Kurier gewinnen könnte, macht die groben Verfehlungen, die auch der Presserat feststellte, zwar nicht wieder gut, könnte aber für Vertrauen in den Rechtsstaat sorgen.