Anlässlich seines 85. Geburtstags gab der frühere tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg ein bemerkenswertes Interview. Er nennt Ex-Kanzler Sebastian Kurz einen Schwindler und kritisiert die aktuelle Regierung scharf.
Mittelschicht zahlt hohen Preis “für Sebastian”
Schwarzenberg sagt, dass die Mittelschicht nun den hohen Preis „für Sebastian“ zahle und dass er das der Volkspartei vorausgesagt habe. Wörtlich meinte er gegenüber der Kleinen Zeitung:
Die ganze Partei ist ihm anheimgefallen. Ein Schwindler. Das war er von Anfang an. Was er gesagt und was er getan hat, war ein einziger Widerspruch. Denken Sie nur an die Migrationspolitik! Es war klar, dass das in einer Katastrophe enden musste.
Bei ÖVP ist vom Christlichsozialen nichts übriggeblieben
Von Kurz bliebe daher nur ein „schaler Geschmack“. Auf die Frage des Journalisten, wie die ÖVP, die so richtungslos wirke wie das Land, aus diesem Dilemma wieder herauskommen könnte, antwortete Schwarzenberg:
Indem sie sich auf ihre Wurzeln besinnt. Vom Christlichsozialen ist nichts übrig geblieben. Wo haben Sie noch irgendein christliches Element in der Politik der ÖVP? Ich bin ein alter Schwarzer, aber vom Türkis will ich verschont bleiben. Die totale Preisgabe aller christlichen Prinzipien, das ist ein bisserl viel für mich. Die Partei kann nur existieren, wenn klar ist, wofür sie steht. Wenn sie das nicht vermitteln kann, wofür soll ich sie dann wählen?
ÖVP ist schon zu lange an der Macht
Die ÖVP, so Schwarzenberg, sei schon zu lange an der Macht. Jede demokratische Partei würde nach einiger Zeit an der Macht den Wechsel in die Opposition brauchen, damit sie wieder zu sich kommen könne. Alle begabten Parteifunktionäre würden in Staatsfunktionen enden. Der Partei bliebe der Rest. Das sei der Untergang, egal, ob das bei den Sozis wäre oder bei der ÖVP. Das sei immer das gleiche Theater, „bei uns, aber auch in Deutschland“.
Warum hat Schwarzenberg vorher geschwiegen?
Die Frage, die sich so mancher nach diesem Interview stellt, ist: Warum hat Schwarzenberg seine Meinung nicht schon früher öffentlich gemacht? Jetzt, im Alter von 85, in dem er nach eigenen Angaben keine Erwartungen mehr habe und sich nur noch freue, „wenn ich die Enkelkinder sehe“, kommt seine Einschätzung zu Kurz und der ÖVP reichlich spät.