Gericht Hammer

Österreich drohen mit Stimmen von ÖVP, SPÖ, Neos und Grünen bald Gesetze, die die gesetzlich vorgeschriebene rasche Erledigung von Asylverfahren beschneiden würden.

7. November 2019 / 23:13 Uhr

Behörden sind verpflichtet, rasch zu entscheiden – ohne Aufschub

Außer der FPÖ wollen alle Parteien, dass ein Gesetzesantrag kommen soll, der es ermöglicht, dass Asylwerber bis zum Lehrabschluss in Österreich bleiben dürfen, selbst wenn ihnen ein Aufenthaltstitel vorenthalten wurde. Diese Regelung soll im Dezember im Nationalrat beschlossen werden. Realpolitisch muss die Frage erlaubt sein, wie das rechtlich überhaupt gehen kann.

Kommentar von Unzensurix

Ginge man davon aus, dass man Nägel mit Köpfen machen wollte, so sind jedenfalls diverse Gesetze notwendig, die es in der Form nicht gibt, bzw. die – wenn sie beschlossen werden – bestehende Gesetze beschneiden könnten. Eines der Gesetze, das betroffen ist, ist das Berufsausbildungsgesetz.

Im Berufsausbildungsgesetz heißt es:

Endigung des Lehrverhältnisses

 § 14. (1) Das Lehrverhältnis endet mit Ablauf der im Lehrvertrag vereinbarten Dauer der Lehrzeit.

(2) Vor Ablauf der vereinbarten Lehrzeit endet das Lehrverhältnis, wenn

f) ein Asylverfahren des Lehrlings mit einem rechtskräftigen negativen Bescheid beendet wurde.

Unschwer erkennbar müsste Punkt f geändert werden. Wenn man ihn komplett streicht, heißt dies jedenfalls, dass ein negativer Asylantrag zu keiner Beendigung einer Lehre führt – auch in Zukunft nicht (siehe dazu unten den Hundstorfer-Erlass). Allerdings dürften dem die Schwarzen nicht zustimmen, es sei denn, sie fallen erneut um. Will man allerdings nur die derzeit 816 Asylwerber (von denen übrigens nicht bekannt ist, ob sie einen Asylstatus haben oder nicht)  ihre Lehre fertig machen lassen, dann stellt sich die Frage, wie das gesetzlich umgesetzt werden könnte. Faktisch könnte man Punkt f wie folgt formulieren:

ein Asylverfahren des Lehrlings mit einem rechtskräftigen negativen Bescheid beendet wurde, sofern die Ausbildung nach dem Stichtag X begonnen wurde.

Asylwerber, die eine Lehre erst nach dem entsprechenden Stichtag (z. B. 1. Jänner 2020) beginnen, wären somit chancenlos, wobei der entsprechende Lehrlingserlass, der damals 2013 von SPÖ-Minister Rudolf Hundstorfer ins Leben gerufen wurde, ohnehin nicht mehr gilt. Der Erlass erlaubte damals allen Asylwerbern unter 25 Jahren, eine Lehrausbildung in Österreich zu beginnen. So gesehen könnte man im Gesetz auch „VOR dem Stichtag“ schreiben.

Aberkennungsverfahren auch während der Lehre möglich

ABER: Asyl ist Schutz auf Zeit. Und selbst bei einem Asylberechtigten kann ein Aberkennungsverfahren eröffnet werden, wenn sich Umstände im Land, aus dem er geflohen ist, geändert haben. Natürlich kann auch Straffälligkeit eines Asylberechtigten zu einer Aberkennung seines Asylstatus führen. Folglich kann der Punkt f im Berufsausbildungsgesetzes nicht einfach gestrichen werden. Zu befürchten ist außerdem, dass die Grünen den Hundstorfer-Erlass wieder einführen wollen – eben mit grüner Handschrift.

Behörden haben Anträge rasch zu erledigen

Abgesehen davon ist das alles ohnehin zweitrangig, weil ja die Grundsatzfrage angegangen werden muss. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als erste Instanz, das Bundesverwaltungsgericht als zweite Instanz und auch der Verwaltungsgerichtshof als letzte Instanz haben keine rechtliche Grundlage, um Entscheidungen in Sachen eines Asylverfahrens aufzuschieben, nur weil sich ein Schutzsuchender in einer Lehre befindet.

Grundlage ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz. Folgender Text ist zu beachten:

§ 18. (1) Die Behörde hat die Sache möglichst zweckmäßig, rasch, einfach und kostensparend zu erledigen und den wesentlichen Inhalt der Amtshandlung erforderlichenfalls in einer Niederschrift oder einem Aktenvermerk festzuhalten.

Würden allerdings explizit drei Behörden verpflichtet werden, nicht möglichst rasch ihre Aufgabe erledigen zu dürfen, so wäre das ein deutlicher Eingriff. Es müsste eine Ergänzung vorgenommen werden, die eine Formulierung wie folgt haben müsste:

§ 18 (1) gilt nicht für Asylverfahren, wenn Schutzsuchende eine Lehre vor dem Stichtag X begonnen haben.

Wie auch immer ein Gesetzesentwurf aussehen mag, die drei für Asylverfahren zuständigen Behörden könnten sich auf die Verpflichtung des § 18 Verwaltungsverfahrensgesetzes berufen, der es ihnen untersagt, Verfahren aufzuschieben. Es sei denn, dieses Gesetz wird geändert.

Man darf jedenfalls gespannt sein, was von ÖVP, SPÖ, Neos und Grünen in dieser Causa für Konstrukte entworfen werden – sofern sie sich in der Sache überhaupt einigen können. Bleibt nur noch die Hoffnung, dass, bevor ein solches Gesetz in Kraft tritt, bei jenen Asyllehrlingen, die offene Verfahren haben, diese bald rechtskräftig abschlossen werden und jene, die kein Anrecht auf Asyl haben, auch abgeschoben werden.

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