Die Hoffnungen, die europäische Mächte in die "arabische Revolution" in Afrika setzten, werden nicht nur von den libyschen Aufständischeen enttäuscht: Auch Ägypten, dessen "Befreiung" von hiesigen Medien als Sieg der Demokratie und der Freiheit bejubelt wurde, entwickelt sich zu allem anderen als einem Stützpunkt des westlichen Gedankenguts. Die Armee verkündet zwar nach wie vor, keine Extremisten in die Regierung zu lassen, die politischen Aktivitäten machen einem islamistischen Land jedoch alle Ehre.
Zunächst, so der ägyptische Außenminister, werden die diplomatischen Beziehungen zum Iran wieder aufgenommen. Seit 30 Jahren waren diese getrennt – nachdem der Iran eine islamische Revolution erfuhr, während Ägypten Israel anerkannte. Nun beruft Minister Nabil Elaraby sich auf die "gemeinsame Geschichte und Kultur", die gute Beziehungen zwischen Iran und Ägypten ermöglichen.Auch Mohammed el-Baradei, der ehemalige Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, verfolgt diesen Kurs und droht, im Rahmen seines Präsidentschaftswahlkampfes, Israel im Falle eines Angriffes auf Gaza mit Krieg.
Foto: flickr/"LisaG in Tel Aviv"
Auch die friedliche Fröhlichkeit, von der im Zuge der Proteste in Ägypten immer zu lesen war, ist nicht viel mehr als positive Meinungsmache: Als Paradebeispiel dafür sei das Freundschaftsspiel zwischen einem ägyptischen und einem tunesischen Fußballclub erwähnt, mit dem die neu errungene Freiheit zelebriert werden sollte – symbolischerweise endete es in einem Platzsturm durch tausende Fans, neun Verletzten und einer "unbestimmten" Anzahl von Festnahmen. Auch die allgemeinen Verbrechensraten in Ägypten schossen auf mehr als das Dreifache in die Höhe, seit der Polizeistaat fiel. Laut Sicherheitsbeamten verursachen diesen Anstieg größtenteils Mord, Überfälle und Entführungen. Auch die verschiedensten islamistischen Gruppierungen können ihre Pläne nun offen umsetzen. Nachdem Polizeistationen im ganzen Land geplündert und ausgebrannt wurden, hat die Moral der Polizisten einen Tiefpunkt erreicht – sie sind nicht in der Lage, im ohnehin schon chaotischen Staat für Ordnung zu sorgen.
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Die nordafrikanischen Staaten bieten ein perfektes Exempel dafür, was passiert, sollte der Westen unter der Führung der ohnehin schon maroden USA weiter in die Machtgefüge fremder Länder pfuschen. Der politisch motivierte Jubel über die Befreiung der "unterdrückten" Staaten wird jedoch nach wie vor durch die regimetreuen Medien hierzulande verbreitet – wie peinlich wäre es auch, das Volk über die neuen Probleme der glücklichen Befreiten zu unterrichten? Doch genau, wie das gesäte Ungleichgewicht in Nordafrika an allen Ecken und Enden zu kippen beginnt, wird auch die Propaganda über heißersehnte westliche Interventionen nur allzu bald an der Wahrheit scheitern. Man erinnere sich nur daran, wie das im Irak gelaufen ist.