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DDR

16. August 2011 / 11:40 Uhr

“Maueröffner” Schabowski sieht Linkspartei als Gefahr

Günter SchabowskiVor 50 Jahren erbaut, verlor die Berliner Mauer am 9. November 1989 ihre Funktion, die Bürger der DDR von der Flucht aus dem repressiven kommunistischen System abzuhalten. Günter Schabowski verkündete als Sekretär für Informationswesen im Zentralkomitee der SED vor Journalisten, dass DDR-Bürger Privatreisen ins Ausland ohne Vorliegen von Voraussetzungen wie Verwandtenbesuche beantragen könnten. Auf Nachfrage sagte er den legendären Satz, der die Mauer noch am folgenden Abend praktisch zu Fall brachte: „Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort, unverzüglich.“  In der aktuellen Ausgabe der Jungen Freiheit spricht Schabowski über seine Erfahrungen im Arbeiter- und Bauernstaat und über die Lehren, die er aus dem real existierenden Kommunismus gezogen hat.

Günter Schabowski

Günter Schabowski

Günter Schabowski wollte mit der Öffnung der Berliner Mauer die DDR
retten, heute ist er froh, dass sie untergegangen ist.
Foto: Wikimedia (CC BY-SA 3.0)

Schabowski ist – das geht aus dem langen Interview klar hervor – ein Geläuterter, wenn er über die Todesschüsse an der Berliner Mauer sagt: „Wenn ein Staat glaubt, aus Gründen der Selbsterhaltung Menschen erschießen zu müssen, dann hat er sein Daseinsrecht verwirkt.“ Entsprechend kritisch geht Schabowski auch mit jener ewigen Weggeführten ins Gericht, die immer noch der Illusion vom kommunistischen System anhängen. „Warum fragen Sie denn nicht mal zum Beispiel den Egon Krenz, der hat doch bis heute nicht kapiert, daß es vorbei ist.“ Damals, als er die Reisefreiheit bekanntgegeben hat, habe er geglaubt, damit die DDR noch retten zu können. Dass auch er selbst Mitverantwortung für die Toten an der Mauer trägt, sei ihm im Zuge des Prozesses klar geworden, in dem er zu drei Jahren verurteilt wurde – wegen einer politischen, nicht aber persönlichen Mitverantwortung, wie Schabowski betont: „Nein, meine Verantwortung liegt vielmehr darin, daß die Mauer ein Bestandteil meiner politischen Existenz war. Ich war Vertreter eines Systems, das nur existieren konnte, solange diese Repression aufrechterhalten wurde. Denn ohne Mauer, keine DDR – das ist doch klar!

Berliner Mauer

Berliner Mauer

Nach Schabowskis Pressekonferenz war
die Berliner Mauer nicht mehr zu halten.
Foto: Sue Ream / WIkimedia (CC BY 3.0)

Über die politischen Kategorien wie Links, Rechts oder Mitte fühlt sich der ehemalige Spitzenrepräsentant der DDR heute erhaben, sie alle hätten jedoch ihre Existenzberechtigung in einer Demokratie, wenngleich Schabowski die nach wie vor fehlende Abgrenzung der Linkspartei zum Marxismus Unbehagen bereitet: „Das Problem ist, daß die Linke sich öffentlich vom Kommunismus distanziert, was aber nicht bedeutet, daß sie diesen wirklich aufgibt. Sie tut das vielmehr, um bei den Bürgern als wählbar zu gelten, ohne innerlich wirklich abzuschwören. Einmal an der Regierung, würden sie dann wohl versuchen, ihren marxistischen Prinzipien wieder stärker Geltung zu verschaffen. Das ist die Gefahr, die ich da sehe. Ich kann nur hoffen, daß dann genug Bürger, inklusive der Sozialdemokraten, aufstehen und dem Einhalt gebieten würden.“ Und dass so manche Spitzenpolitiker in der Linkspartei – so wie die Vorsitzende Gesine Lötzsch – noch heute vom Sieg des Kommunismus träumen, kommentiert Schabowski mit klaren Worten: „Also, im Klartext: Das ist doch alles Quatsch. Da schlägt ein vernünftiger Mensch doch die Zeitung zu und legt sie weg. Es ist schon bemerkenswert, daß es manche selbst nach dem konkreten Anschauungsunterricht, den uns die DDR erteilt hat, immer noch nicht begriffen haben. Der Kommunismus hat bekanntlich in allen erdenklichen Spielarten und in den verschiedensten Staaten der Welt versagt – aber Frau Lötzsch will es dennoch noch einmal probieren.“

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