Österreich und die Schweiz müssen mutmaßliche Hinrichtungen, die in den Jahren 2005 und 2006 in einem Gefängnis in Guatemala stattgefunden haben sollen, selbst aufklären. Denn die beiden Hauptverdächtigen dieses Massakers sind in Österreich und in der Schweiz eingesperrt und werden den zuständigen Behörden in Guatemala nicht ausgeliefert.
Erwin Sperisen – er war Polizeichef von Guatemala – wurde Ende August in der Schweiz verhaftet. Der schweizerisch-guatemaltekische Doppelstaatsbürger soll Drahtzieher der Hinrichtungen gewesen sein. In diesem Fall geht es um die Tötung von mindestens zehn Häftlingen. Drei sollen auf der Flucht, sieben direkt im Gefängnis erschossen worden sein. Die schweizerische Staatsanwaltschaft spricht von „wichtigen Verdachtsmomenten“ gegen Sperisen, der durch seine Schweizer Staatsbürgerschaft vor einer Auslieferung geschützt ist.
Figueroa bleibt: Kein faires Verfahren in Guatemala
Anders liegt der Fall seines angeblichen Komplizen, Javier Figueroa, der derzeit in Oberösterreich in Untersuchungshaft sitzt. Der 40-Jährige war im Jahr 2007 nach Österreich geflüchtet, seitdem lebt er mit Asylstatus im Innviertel. Im Mai dieses Jahres wurde Figueroa nach internationalen Protesten in Haft genommen. Eine Auslieferung des hohen Polizeibeamten aus Guatemala lehnte das Oberlandesgericht Linz mit dem Hinweis ab, dass der Mann in seiner Heimat kein faires Verfahren erwarten könne.
Laut Staatsanwaltschaft Ried ist noch nicht klar, ob Anklage erhoben wird. Gegenüber Unzensuriert.at sagte Staatsanwalt Alois Ebner, dass nun einmal Akten im Umfang von 10.000 Seiten, die die Behörden aus Guatemala dem Landesgericht Ried zukommen haben lassen, durchgearbeitet werden müssten. Figueroa könne maximal zwei Jahre in Untersuchungshaft bleiben.
Damit werden die Hinrichtungen aus Guatemala zum Problem der Schweizer und österreichischen Justiz. Und die Steuerzahler beider Länder bekommen schuldlos die Rechnung dafür präsentiert. In ihren Heimatländern würden Sperisen und Figueroa 25 bis 30 Jahre Haft drohen, unter Umständen sogar die Todesstrafe.