Die Übermutter der öffentlich-rechtlichen Landessender ist die ARD.

WDR

21. Jänner 2016 / 18:08 Uhr

Politische Einflussnahme im Staats-TV: Nach WDR hat nun auch SWR Erklärungsnotstand

Die Beschwichtigungsversuche öffentlich-rechtlicher Sender zum Thema politische Einflussnahme in der Berichterstattung werden immer skurriler. Zwar war es mündigen Medienkonsumenten schon lange klar, dass ORF, ARD, ZDF, WDR und andere Staats-Sender den quasi verlängerten Arm der jeweiligen Machthaber darstellen, aber die öffentliche Erklärung der freien WDR-Journalistin Claudia Zimmermann dazu brachte den Stein erst richtig ins Rollen.

"Angewiesen, 'pro-Regierung' zu berichten"

Die erfahrene Medienfrau plauderte in einer Studiodiskussion des niederländischen Radiosenders L1 am 17. Jänner über potentiellen Polit-Druck in der Behandlung des Themas Flüchtlingskrise. Wörtlich sagte sie: „Wir sind natürlich angewiesen, das einigermaßen ‚pro Regierung‘ zu berichten.“ Dies sei klar, da sie ja für einen „öffentlich-rechtlichen Sender“ arbeite, der eben so funktioniere. Die „Anweisungen“ dazu gingen von „mehreren Ausschüssen“ aus, in denen die politisch tonangebenden Parteien, aber auch starke gesellschaftliche Gruppierungen wie etwa die Kirche vertreten seien.

Nach einem trockenen, öffentlichen Dementi des WDR und einem Gespräch mit ihrem Arbeitgeber ruderte Zimmermann tags darauf sogleich kräftig zurück und dementierte das Gesagte: Sie habe „unter dem Druck der Live-Diskussion in der Talkrunde totalen Quatsch verzapft“, was ihr „ungeheuer peinlich“ sei. Sie sei als freie Journalistin „niemals aufgefordert worden, tendenziös zu berichten“.

Freie Journalistin muss sich Arbeitgeber beugen

Was ihr natürlich keiner glaubt. Die zahlreichen Analysen und Kommentare dazu triefen nur so vor Häme und Zynismus. Eine seit 20 Jahren im und für das Radio tätige Profi-Journalistin sei es wohl gewohnt, in Live-Situationen zu sprechen und auch mitzudenken, ohne dabei Lampenfieber zu bekommen und „absoluten Quatsch“ zu reden, so das Kernargument. Zudem sei Zimmermann wohl das Hemd näher als der Rock. Man könne sich schließlich gut vorstellen, worum es im „Gespräch“ mit ihrem Arbeitgeber gegangen sei, der schon zuvor jegliche politische Einflussnahme auf die Redaktionen kategorisch abgestritten habe.

Rote-Grün reklamiert AfD aus TV-Wahldebatte im SWR

Den Gegenbeweis trat schließlich ein weiterer öffentlich-rechtlicher ARD-Landessender nur einen Tag später an: Am 19. Jänner wurde bekannt, dass der SWR (Südwestdeutscher Rundfunk) die oppositionelle AfD (Alternative für Deutschland) aus seiner für 10. März geplante „Elefantenrunde“ zu der drei Tage später stattfindenden Landtagswahl in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg ausgeladen hatte – auf massiven Druck von SPD und Grünen. Auch FDP und Linke dürfen nicht an der 70-minütigen TV-Debatte teilnehmen, weil sie laut SWR allesamt nicht im jeweiligen Landtag vertreten seien. Sie erhalten lediglich in einem zehnminütigen, aufgezeichneten Interview die Möglichkeit, ihre Standpunkte darzulegen. Das Argument scheint eher dürftig, konnten doch vor der letzten Wahl 2011 sehr wohl Grüne und Linke an der Elefantenrunde teilnehmen, obwohl sie nicht im Landtag saßen.

Dem erwarteten Proteststurm in den sozialen Medien folgte ein endloser Beschwichtigungs-Sermon von SWR-Intendant Peter Boudgoust mit der (wörtlichen) Kernaussage:

Wichtig ist uns in diesem Zusammenhang zu betonen, dass der SWR zu keinem Zeitpunkt politischem Druck ausgesetzt waren (sic!), sondern eine von politischen Einflüssen völlig unabhängige Entscheidung getroffen hat.

Indendant garantiert "politisch unabhängige Entscheidungen"

Wie „politisch unabhängig“ die Entscheidung, die AfD auszuladen, tatsächlich war, beschreibt Boudgoust im Textverlauf selbst. Einerseits verweist er nämlich auf den „journalistischen Auftrag“, die Spitzenkandidaten der im Landtag vertretenen Fraktionen nach dem „Gebot der abgestuften Chancengleichheit“ einzuladen, das aber ebenso für Gruppierungen gelte, die durch „hohe Umfrageergebnisse, Präsenz in anderen Parlamenten, Anzahl der Parteimitglieder etc.“ berücksichtigt werden müssen. Was wiederum weitgehend auf die AfD zutrifft.

Das „Aber“ lässt nicht lange auf sich warten: Denn laut Boudgoust hätten sich sowohl SPD wie Grüne gegen einen gemeinsamen Auftritt mit einem AfD-Kandidaten ausgesprochen. Tatsächlich verweigert die rheinland-pfälzische SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer die Teilnahme in einer Sendung, in der auch die AfD mit am Tisch sitzt, deren Mitglieder sie teilweise für „rechtsextrem“ hält. Das Gleiche gilt für ihren Parteigenossen Nils Schmid und den Grünen Spitzenmann Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg.

Senderchef geht vor linken Parteien in die Knie

Anstatt deren strikte Verweigerung einer demokratischen Auseinandersetzung im Wahlkampf zu thematisieren, geht der angeblich gegenüber politschen Einflüssen völlig unabhängig“ agierende SWR-Chef kleinlaut in die Knie: Er schmeißt die AfD aus der Diskussionsrunde.

Ein klareres Eingeständnis politischer Abhängigkeit und persönlicher Feigheit hätte er kaum abgeben können. Denn ganz im Gegensatz zur freien Journalistin Zimmermann, die existenziell leicht erpressbar ist, hat der Herr Intendant einen guten Vertrag – und selbst bei dessen Nicht-Verlängerung wohl einen Ersatz-Versorgungsjob bzw. eine schöne Pension in Aussicht.

In jedem Fall wissen wir jetzt ganz konkret, wessen Geist uns aus den öffentlich-rechtlichen Sendern entgegenwabert.

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