Dass hohe Politik nicht nur in den Parlamenten oder Regierungspalästen sondern auch bei gemeinsamen Mahlzeiten gemacht wird, ist gang und gäbe. Und auch nach EU-Gipfelgesprächen setzen sich die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten traditionell zusammen, um sich bei einem gemeinsamen Abendessen die Bäuche vollzuschlagen und wohl um auch noch dies oder das bei einem heißen Süppchen zu beraten.
Trotz Brexit noch 28 Mitglieder
Derzeit besteht die Europäische Union noch aus 28 Mitgliedern, wobei allerdings ein Staat vor kurzem per Volkentscheid seinen Austritt aus dieser Staatengemeinschaft angekündigt hat. Und obwohl dieser sogenannte „Brexit“ noch nicht abgewickelt worden ist und bis dahin Großbritannien als vollwertiges Mitglied der EU anzusehen wäre, behandelt man Politiker dieses Landes mit einer augenscheinlichen Distanz.
Im Juni etwa gab es Gipfelgespräche ohne den damaligen britischen Premierminister Cameron, dem von der EU die Hauptschuld am „No“ der britischen Bevölkerungsmehrheit gegeben worden ist.
Kein Abendessen für die Britin
Beim nächsten EU-Gipfel freilich, der vom 15. bis 16. Dezember unter dem Vorsitz von Ratspräsident Donald Tusk stattfindet, darf die derzeitige britische Premierministerin Theresa May dabei sein. Doch im vorläufigen Programm für diese Veranstaltung ist bereits festgehalten, dass das traditionelle informelle Abendessen nur im engeren Kreis von 27 statt allen 28 Staats- und Regierungschefs stattfinden wird. Kurzum, die Teilnahme von Theresa May beim gemeinsamen Völlern der EU-Regierungsspitzen ist nicht vorgesehen.
Beleidigte Leberwurst
Dass die Premierministerin des Vereinigten Königreichs ob dieser Ausladung am Abend des 15. Dezembers Hunger leiden wird, ist zwar nicht zu befürchten. Aber es zeigt ein sehr befremdliches Bild der EU, wenn man ein Vollmitglied dieser Gemeinschaft (und bis zu endgültigen Austritt bleibt Großbritannien eines) derart brüskiert und offensichtlich beleidigte Leberwurst spielt.
EU wird weiter an Wertschätzung verlieren
Ob erwähntes Gericht tatsächlich auf der Menü-Karte des Gipfel-Abendessens steht, ist nicht bekannt. Bekannter allerdings ist die demokratische Einstellung der EU, wenn es um Mitglieder geht (siehe etwa: EU-Sanktionen gegen Österreich im Jahre 2000), die es wagen, Brüssel nicht genehm zu sein.
Und wenn, wie im Falle Großbritanniens, derzeit keine anderen Sanktionen möglich sind, verhält man sich halt so kindisch wie möglich. Ob das allerdings der EU tatsächlich mehr Wertschätzung in der europäischen Bevölkerung verschafft, ist eine andere Frage.