Bei den Bundestagswahlen hatten CDU/CSU und SPD 13 Prozent verloren. Doch keiner ihrer Spitzenkandidaten übernahm für das Debakel die Verantwortung; Angela Merkel, Martin Schulz und Horst Seehofer blieben bei ihren Posten.
Was die Bevölkerung davon hält, zeigen die jüngsten Meinungsumfragen. Demnach kommen jene drei Parteien, die sich am 7. Februar auf die Neuauflage der Koalition aus Union und SPD geeinigt hatten, auf nur noch 47 Prozent. Zusammen.
Millionär Martin Schulz machte SPD zur Kleinpartei
Für Martin Schulz von der SPD waren die aktuellen Umfragewerte, die die Partei bei 17 Prozent sehen, und der massive innerparteiliche Widerstand gegen die Koalitionsregierung nun doch zu viel; er konnte sich nicht mehr halten. Seinen Rückzug begründete der ehemalige Kanzlerkandidat mit eigener Schwäche bei der Neuausrichtung der SPD.
Im März 2017 war Martin Schulz mit 100 Prozent zum neuen SPD-Vorsitzenden gewählt worden. Als Spitzenkandidat fuhr er nur sechs Monate später bei der Bundestagswahl das schlechteste Ergebnis der SPD seit Bestehen der Bundesrepublik ein.
“Soziale Gerechtigkeit” mit 280.000 Euro netto monatlich
Doch um “Maddin” braucht man sich keine Sorgen machen. Martin Schulz, dessen großes Wahlkampfthema die “soziale Gerechtigkeit” war, hatte in seiner Zeit als Mitglied der EU genug verdient. Der ehemalige Buchhändler gehörte mehr als 20 Jahre lang dem EU-Establishment an und hatte zuletzt als Präsident des EU-Parlaments ein Jahresgehalt weit über dem von Kanzlerin Angela Merkel.
Zumindest in den Jahren 2012 bis 2014 betrug das Netto-Gesamteinkommen des Kämpfers für “soziale Gerechtigkeit” mehr als 280.000 Euro. Dies entspricht einem Bruttojahresgehalt von mehr als 500.000 Euro für Bundesbürger. Dagegen sieht Kanzlerin Merkel arm aus: Sie verdient etwa 290.000 Euro pro Jahr – brutto.
Noch am Wahlabend schloss Martin Schulz eine Große Koalition aus. Doch nach dem Scheitern der Verhandlungen von Union, FDP und Grünen stand er plötzlich für die Neuauflage der Koalition mit den Unionsparteien bereit.
SPD bringt ihre Positionen bei Koalitionsverhandlungen durch
Bei den Koalitionsverhandlungen war die SPD höchst erfolgreich: Sie steigt mit sechs Ministerien aus, darunter die Schlüsselressorts Finanzen und Arbeit/Soziales. Und in der Gretchenfrage, der anhaltenden Masseneinwanderung, hat sich die SPD mit ihrer Forderung nach erweitertem Familiennachzug und der Verhinderung einer jährlichen Einwanderungsobergrenze ebenfalls durchgesetzt.
In SPD-Basis rumort es
Dennoch gärt es in der SPD-Basis. Ein großer Teil der Mitglieder wollte die Partei in der Opposition sehen, auch um sich wieder zu konsolidieren, immerhin kämpft die SPD wie andere sozialdemokratische Parteien um ihre Existenz. Allen voran positionieren sich die Parteijugend und der linke Flügel gegen das Regierungsabkommen. Juso-Chef Kevin Kühnert zeigte sich “fassungslos”. Die Jusos stehen an der Spitze der “GroKo”-Gegner, wie die Regierung aus den Wahlverlieren in den Medien genannt wird, obwohl von einer Großpartei bei 17 Prozent Wählerzustimmung keine Rede sein kann.
Martin Schulz soll Außenminister werden
Rund 463.000 Mitglieder werden nun bis Anfang März über den 177 Seiten langen Koalitionsvertrag abstimmen. Erst nach ihrem Placet kann die neue Regierung lange fünf Monate nach der Bundestagswahl angelobt werden. Wenn die SPD-Mitglieder dem Koalitionsabkommen zustimmen, wird Martin Schulz der Politik als Außenminister, nicht jedoch als Vizekanzler im Kabinett Merkel erhalten bleiben.
In einer Sitzung des Parteivorstandes verlautbarte Schulz, dass Fraktionschefin Andrea Nahles neue Parteichefin werden soll. Der Termin des Sonderparteitages zur Wahl der neuen Vorsitzenden steht noch nicht fest.