Das wird eine schwere Geburt, um es im Jargon der Gynäkologie-Frau-Doktor Rendi-Wagner als promovierter Medizinerin zu erklären: Die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) ist zu einer Akutpatientin der österreichischen Innenpolitik geworden, wo unmittelbare ärztliche Versorgung zum Überleben der Organisation und der Inhalte angesagt ist. Vor diesem Hintergrund wundert es auch nicht, dass einzelne österreichische Medien die designierte Kandidatin für den Sitz der Parteiobfrau als “Notfallsmedizinerin” (Presse) oder “Trümmerfrau ” (Krone) im Angesicht ihrer Aufgabe titulieren.
Noch schwanken die Innenpolitik-Analysten, wie sie die “Neue” und ihre potentiellen Zukunftschancen bewerten sollen. Die klassische Quereinsteiger- und Erneuerungsmasche, die auch bei Christian Kern als Systemgünstling zu keinem Zeitpunkt gestimmt hat, kann hier jedenfalls schon gar nicht gelten. Pamela Rendi-Wagner ist nicht vom Himmel gefallen, sondern hat den Marsch durch die Institutionen gemacht. Und das mit Wissen und Willen ihrer Partei.
Rendi-Wagner: Aus dem System und durch das System
Auch wenn man als Urkundsbeweis ihres rein sachorientierten Zugangs in die Politik ihren SPÖ-Parteieintritt kurz vor ihrer Angelobung als Gesundheitsministerin medial immer wieder bemüht, gestaltet sich die Gesamtwahrnehmung der Person Rendi-Wagner ganz anders. Die Medizinerin kommt aus dem sozialdemokratischen System und genoss gemeinsam mit ihrem Mann Karriereschritte durch dieses System. Sie wurde wohl vor allem deshalb Ministerin, weil ihr Mann Kabinettschef des SPÖ-Ministers Thomas Drozda war. Und es war wohl auch deshalb kein Hindernis bei ihrer Bestellung als Sektionschefin unter SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger, dass sich die Familie Rendi-Wagner seit vielen Jahren im sozialdemokratischen Milieu bewegt hat.