EU-Sanktionen gegen einen unbescholtenen Schweizer Bürger, weil er zum Ukraine-Krieg eine andere Meinung hat als der Mainstream, machen die westliche Welt fassungslos. Die renommierte Neue Zürcher Zeitung (NZZ) fragt sich, “wo endet das?”, und mutmaßt, dass der Publizist und Politiker der Schweizer Volkspartei (SVP), Roger Köppel, der nächster auf der Sanktionsliste von Brüssel stehen könnte.
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Für unzensuriert hat sich Botschafter a. D. Dr. Harald W. Kotschy den Fall “Jacques Baud” genau angeschaut und darüber einen Gastbeitrag geschrieben.
GASTBEITRAG VON DR. HARALD KOTSCHY
Der Rat der Europäischen Union hat am 15.12.2025 gegen einen Schweizer Bürger, Oberst des Generalstabs Jacques Baud, wegen seiner Ansichten zum Ukraine-Krieg „Sanktionen“ verhängt. Vorgeworfen wird ihm, „Sprachrohr für pro-russische Propaganda“ zu sein und Verschwörungstheorien zu verbreiten. Mit einer solchen Sanktionierung wird politische Meinungsäußerung statt kriminelles Verhalten bestraft, sie erfolgt ohne ausreichende rechtsstaatliche Garantien und setzt einen gefährlichen Präzedenzfall für die Einschränkung der Meinungsfreiheit in Europa.
Existenzvernichtend
Ursprünglich gegen böse afrikanische Potentaten und noch bösere Putin-Oligarchen entwickelt, wird das Instrument jetzt gegen missliebige EU-Bürger eingesetzt. Was ersterer Personenkreis bestenfalls als Mückenstich empfindet, wenn er der Mega-Jacht verlustig geht, ist für den EU-Untertan existenzvernichtend. Die Folgen sind nämlich gravierend: Jegliche Vermögenswerte werden eingefroren, Bereitstellung von Mitteln seitens Dritter ist verboten, Reiseverbot in der EU.
Diese „restriktiven Maßnahmen“ beruhen auf Art. 215 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Da diese Bestimmung keine Tatbestandsmerkmale enthält, sondern wiederum auf völlig schwammige Grundsätze im Titel V Kapitel 2 des Vertrags über die Europäische Union verweist, können die verschiedenen im Sanktionsverfahren tätig werdenden Gremien nur „nach eigener Willkür” entscheiden. Also subjektiv, beliebig oder nach dem eigenen Gutdünken, ohne sich an objektive Regeln oder nachvollziehbare Gründe zu halten. Also pollice verso (“gedrehter Daumen” beziehungsweise „Daumen hinauf/Daumen hinunter) wie bei den Gladiatoren-Kämpfen im alten Rom.
Kein rechtsradikaler Rabauke oder Terrorist, sondern unbescholtener Schweizer Bürger
Beruflich war Jaques Baud Mitarbeiter im strategischen Nachrichtendienst der Schweiz und – da der russischen Sprache mächtig – bis zum Ende des Kalten Krieges für die Staaten des Ostblocks und des Warschauer Pakts verantwortlich. Ab 1995 arbeitete er in mehreren offiziellen Funktionen für die Vereinten Nationen – teils als Experte, Berater und Leiter von Friedens- und Sicherheitsprojekten. Im Jahr 2013 wurde er von der Schweizer Regierung der NATO zugewiesen (seconded) und war dort Leiter der Abteilung für den Kampf gegen die Ausbreitung von Kleinwaffen und leichten Waffen (Small Arms and Light Weapons / SALW) in Brüssel. In dieser Funktion war er bis 2017 tätig, also vor und gerade während der Zeit der Ukraine-Krise nach 2014. Die Mitwirkung an mehreren lokalen NATO-Projekten, insbesondere im Donbass, ermöglichte ihm tiefe Einblicke in das Geschehen in der Ukraine aus erster Hand.
Zusätzlich zu seinem Master-Abschluss in Ökonometrie absolvierte Oberst Baud ein Post-Graduate-Studium in internationaler Sicherheit und internationalen Beziehungen. Mit diesem wissenschaftlichen Hintergrund wandte er sich nach Übertritt in den Ruhestand der politischen Analyse zu und veröffentlichte eine Anzahl von Publikationen zu Russland und zum Ukraine-Krieg.
Auch der anderen Seite zuhören
Seinen Forschungsarbeiten legt Baud nicht nur EU- oder NATO-Pressemeldungen zugrunde, sondern wertet penibel offizielle US-amerikanische und andere westliche, aber natürlich auch russische und sowjetische Quellen aus. Dort, wo er zu einem anderen Ergebnis kommt, weigert er sich, den offiziellen EU/NATO-Narrativen zu folgen, sondern tritt den in den westlichen System-Medien verbreiteten Mythen um den Ukraine-Krieg entgegen. Seine Grunderkenntnis ist, dass die unvollständige Darstellung der Ukraine-Krise in europäischen Medien und Politik zu einfachen Schuldzuweisungen führen würde und daher eine Verhandlungslösung erschwere.
Er stellt sich auch in eine Reihe mit zahlreichen westlichen Spitzendiplomaten und Politikwissenschaftlern, die lange vor dem Beginn der russischen Spezialoperationen gewarnt hatten, dass die NATO-Osterweiterung – insbesondere Richtung Ukraine – von Russland als existenzielle Bedrohung wahrgenommen werde. So etwa George F. Kennan, US-Diplomat (Architekt der US-Russland Beziehungen); Jack F. Matlock Jr., (letzter US-Botschafter in der Sowjetunion); Henry Kissinger (ehemaliger US-Außenminister); John J. Mearsheimer (Professor für Politikwissenschaft, University of Chicago, führender Vertreter der realistischen Schule in der Außenpolitik); Stephen F. Cohen (ehemaliger Professor für Russland-Studien, Princeton / NYU).
Beliebter Gast in Talk-Shows
Zufolge seiner fundierten Sachkenntnis und seiner nonkonformen Argumentationsweise wurde er in den vergangenen Jahren zu einem gern gesehenen Experten insbesondere in den alternativen Medien, wenn es um Geo- und Sicherheitspolitik geht. Aber er scheute auch nicht, seine Meinung in russischen Kanälen zu vertreten.
Dies brachte ihn vor das Visier der EU-„Verschwörungs-Jäger“. Offensichtlich werden die EU-Zentralkomitees zunehmend nervös, weil ihre Pro-Ukraine- und Anti-Russland-Politik aller Voraussicht nach zum Desaster zu werden droht. Die im Denken zu betreuenden Bürger werden anscheinend als geistig so instabil angesehen, dass sie nun nicht nur durch das bisherige Verbot zahlreicher russischer Medien und Journalisten geschützt werden müssen, sondern auch durch Sanktionierung westeuropäischer Journalisten und Autoren, die EU- und NATO-kritische Informationen liefern.
Keine Mindeststandards für EU-Bürger bei „Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit“
Die europäischen Werte wie „Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit“ werden bei jeder sich bietenden Gelegenheit wie eine Monstranz in aller Welt, auf allen außereuropäischen Kontinenten, vor sich hergetragen. Von China über Nordkorea bis Afrika und den Amerikas.
In Europa, vor den Institutionen der EU und der NATO, schaut die Praxis anders aus, wie schon eine beachtliche Anzahl sanktionierter EU-Bürger am eigenen Leib verspüren mussten. Und nunmehr auch Jaques Baud, Angehöriger eines befreundeten Drittstaates, der Schweiz (die diese Sanktionen im Übrigen nicht mittragen wird, Anm. d. Redaktion).
Rechtsstaats-Defizite
Für einen zu Sanktionierenden gibt es kein formelles Verfahren, keine Ladung, kein rechtliches Gehör, einem Fundamentalprinzip des Rechtsstaats. Wie bei Kafka fallen die Würfel in einem Geheimverfahren mit einer geheimen Urteilsverkündung, von der der Beschuldigte durch das Amtsblatt erfährt, wenn überhaupt. Dann darf er zum Europäischen Gerichtshof gehen. Auf eigene Kosten versteht sich. Das neue EU-Rechtsverständnis: Erst strafen, dann sich beschweren – sofern man die erforderlichen finanziellen Mittel dazu hat. Den rechtsstaatlichen Mindeststandards wird auch durch intransparente Beweismittel und Kriterien nicht entsprochen. Auch darf Meinungsfreiheit nicht durch exekutive Listenentscheidungen eingeschränkt werden, ohne richterliche Prüfung, klare Beweisführung, effektive Rechtsmittel im Vorfeld.
Demokratiepolitischen Defizite
Nach internationalem und europäischem Recht (v. a. Art. 10 EMRK und Art. 11 EU-Grundrechtecharta) schützt die Meinungsfreiheit ausdrücklich auch: kontroverse, provokante, einseitige, irrige oder politisch unpopuläre Meinungen. Das heißt: Selbst wenn Oberst Bauds Aussagen pro-russisch, einseitig oder sachlich falsch wären, rechtfertigt das keine Sanktionen, solange er nicht zu Gewalt, Hass oder konkreten Straftaten aufruft.
Der Staat darf falsche oder problematische Meinungen nur durch Gegenrede bekämpfen, nicht aber durch Straf- oder Sanktionsinstrumente, die sonst für Terroristen oder Kriegsverbrecher gedacht sind. Damit verletzt der EU-Rat klar das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Weiters ist die Definition von „Desinformation“ völlig unklar. Die EU legt den Begriff „russische Desinformation“ sehr weit aus und zieht keine klare, überprüfbare Abgrenzung zwischen falscher Information, politischer Meinung oder Analyse/Interpretation. Wenn politische Einschätzungen oder geopolitische Analysen als „Desinformation“ gelten, wird die Grenze zur Gesinnungs-Sanktion überschritten.
„Chilling Effect“
George Orwell hätte Gesinnungs-Diktatur nicht besser umsetzen können. Die Sanktionierung eines Publizisten oder Analysten erzeugt einen abschreckenden Effekt („chilling effect“) auf die Berufsgruppe. Andere Journalisten, Militäranalysten und selbst Wissenschaftler werden verleitet, Selbstzensur zu üben, kritische oder abweichende Analysen zu vermeiden oder überhaupt aus Angst vor Sanktionen zu schweigen. Damit wird die freie öffentliche Debatte untergraben, die für eine Demokratie essenziell ist.
Wenn das unsere neuen europäischen Werte sind, dann gute Nacht freies, demokratisches Europa.





