Bei den heutigen Kommunalwahlen entscheiden 13,7 Millionen Bürger auch über den Kurs der Bundesregierung in Berlin.

14. September 2025 / 08:28 Uhr

Bei starkem AfD-Ergebnis: Merz kündigt Konsequenzen nach Kommunalwahlen an

13,7 Millionen Bürger sind in Nordrhein-Westfalen (NRW) aufgerufen, ihre Stimmen bei den Kommunalwahlen abzugeben.

Neue Bürgermeister und Landräte

Bei der größten Kommunalwahl in der Bundesrepublik Deutschland wird am heutigen Sonntag über die Zusammensetzung der Stadt- und Gemeinderäte, Kreistage sowie der Bezirksvertretungen in den kreisfreien Städten abgestimmt. Zudem werden Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte neu gewählt. Für das Ruhrgebiet steht außerdem die Besetzung des Regionalparlaments auf dem Programm.

Stichwahlen am 28. September

Die Wahllokale haben um 8 Uhr geöffnet, geschlossen wird um 18 Uhr. Schon kurz danach werden die ersten Trendergebnisse erwartet. In vielen Kommunen sind bei knappen Ergebnissen Stichwahlen notwendig – diese sind für den 28. September angesetzt.

Bedeutung für die Bundespolitik

Auch wenn es sich formell um eine lokale und regionale Wahl handelt, wird das Resultat bundespolitisch aufmerksam verfolgt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), in Umfragen schwer unter Druck, betonte bereits im Vorfeld die Bedeutung der Abstimmungen.

In Düsseldorf kündigte er gestern an, „kritische Schlussfolgerungen“ aus dem Ergebnis ziehen zu wollen. Merz zeigte sich entschlossen, „insbesondere mit der AfD sehr hart in der Sache um die richtigen Themen und den Kurs des Landes zu ringen“. Damit verleiht der Kanzler den Kommunalwahlen in NRW eine Bedeutung, die weit über die Grenzen des Bundeslandes hinausgeht.

CDU und SPD verlieren weiter

Die politische Aufmerksamkeit richtet sich vor allem auf die Frage, ob die Union ihre dominante Stellung behaupten kann. Bei der letzten Kommunalwahl im Jahr 2020 war die CDU mit 34,3 Prozent landesweit stärkste Kraft. Seit 2022 führt Ministerpräsident Hendrik Wüst, ein Linksausleger der CDU, eine schwarz-grüne Landesregierung, die laut Umfragen maximal 32 Prozent erreichen dürfte.

Die SPD, die noch bis in die 1990er-Jahre in NRW auf absolute Mehrheiten bauen konnte, kam vor fünf Jahren nur noch auf 24,3 Prozent und kämpft seitdem mit einem tiefgreifenden Bedeutungsverlust. Denn laut Umfragen geht es weiter bergab: Höchstens 22 Prozent dürften die Roten einfahren.

Halbierung bei den Grünen möglich

Die Grünen hatten im Corona-Jahr 2020 mit 20 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis in NRW erzielt und gingen in Köln, Bonn und Aachen sogar als Sieger hervor. In Bonn und Aachen stellen sie seither die Oberbürgermeisterin. Dieses Mal setzen sie darauf, ihre Position in Köln zu festigen und auch in Münster ins Rathaus einzuziehen. Gleichzeitig sehen Umfragen die Partei außerhalb der Universitätsstädte im deutlichen Abwärtstrend. Auch die Grünen werden voraussichtlich erheblich schwächer als vor fünf Jahren bei den Kommunalwahlen abschneiden: Landesweit schwanken die Werte nur noch zwischen 10 und 14 Prozent.

FDP weiter auf Talfahrt, Linke spüren Aufwind

Für die FDP, die 2020 noch 5,6 Prozent erreichte, sagen Demoskopen weitere Verluste voraus. Sie pendelt rund um drei Prozent.

Die Linke hingegen könnte ihr Ergebnis spürbar verbessern: Von 3,8 Prozent vor fünf Jahren wird sie nun bei etwa sechs Prozent gehandelt. Besonders in Großstädten wie Dortmund, Düsseldorf oder Köln hofft die Partei auf neue Mandate – und rittert dort mit den Grünen um die linken Stimmen.

Zum ersten Mal tritt zudem das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) an, das vor allem in Wuppertal mit einem guten Abschneiden rechnet, da es dort wesentliche Teile der bisherigen Linken-Fraktion übernommen hat.

AfD im Fokus

Besonders aufmerksam verfolgen Beobachter jedoch das Abschneiden der AfD. Bei der Wahl 2020 war die Partei in NRW auf lediglich fünf Prozent gekommen, obwohl sie in einzelnen Ruhrgebietsstädten zweistellige Ergebnisse erzielt hatte. Dies galt damals als auffallend schwach, auch weil der Landesverband zerstritten war und nicht flächendeckend kandidierte.

Seitdem hat sich die Ausgangslage verändert: Die Partei ist organisatorisch stabiler und profitiert von bundespolitischen Debatten rund um Einwanderung, Kriminalität und wirtschaftlichen Niedergang.

Verdreifachung der AfD-Stimmen

In zahlreichen Ruhrgebietskommunen – traditionell SPD-Hochburgen – könnte die AfD nun deutliche Zugewinne erzielen. Insgesamt wird mit einer Verdreifachung der Stimmen gerechnet.

In Dortmund und Köln sehen Umfragen die AfD im zweistelligen Bereich, während sie in Städten wie Bonn, Münster oder Düsseldorf schwächer abschneiden dürfte. Selbst moderate Zugewinne würden für die Partei bundespolitisch stark wirken, weil sie nur in einem Teil der Kommunen vollständig Kandidaten aufgestellt hat. Ein überproportional gutes Ergebnis wäre daher gleichbedeutend mit einem politischen Erdrutschsieg.

Kommunale und bundesweite Ebenen

Gleichzeitig weisen Politikwissenschaftler darauf hin, dass Kommunalwahlen nur bedingt als Seismograph für bundespolitische Trends taugen. Vieles entscheidet sich vor Ort an lokalen Themen: Straßensanierungen, Wohnungsbau, Schulpolitik oder die Persönlichkeit von Bürgermeisterkandidaten haben für viele Wähler ein höheres Gewicht als bundespolitische Debatten. Dennoch wirken sich bundesweite Diskussionen indirekt aus.

Erste Ergebnisse

Mit den ersten Ergebnissen wird noch am Wahlabend gerechnet. Klar ist schon jetzt: Die CDU kämpft um die Verteidigung ihrer Spitzenposition, die SPD ringt um Anschluss, die Grünen um den Erhalt wichtiger Rathäuser – und die AfD könnte, selbst bei begrenztem Antritt, den politischen Diskurs bundesweit verschieben. Welche Lehren Bundeskanzler Merz daraus zieht, dürfte in den kommenden Wochen die Berliner Politik prägen.

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