Frankreichs Minderheitsregierung ist gescheitert – und damit auch Präsident Emmanuel Macron.

9. September 2025 / 22:22 Uhr

Italienische Verhältnisse: Vierter Regierungschef binnen zwei Jahren gescheitert

Premierminister François Bayrou hat die Vertrauensabstimmung im französischen Abgeordnetenhaus deutlich verloren. Dem Vertreter der Partei Mouvement Démocrate (MoDem), einer liberal-zentristischen Kraft des Ensemble pour la République, die eng mit Präsident Macrons Lager („La République en Marche“ / „Renaissance“) verbunden und Teil des pro-EU-Lagers ist, haben nur 194 der 577 Abgeordneten das Vertrauen ausgesprochen – eine klare Absage.

Streitpunkt Haushalt

Bayrou, der erst seit Dezember 2024 im Amt war, scheiterte damit als vierter Regierungschef unter Präsident Emmanuel Macron innerhalb von zwei Jahren.

Auslöser des Regierungssturzes war Bayrous Budgetentwurf. Er wollte mit drastischen Kürzungen und höheren Steuern die öffentliche Verschuldung in den Griff bekommen.

Schuldenstand als Sprengsatz

Denn Frankreichs Finanzlage ist alarmierend: Die Staatsverschuldung liegt bei 114 Prozent der Wirtschaftsleistung, das Defizit zuletzt bei 5,8 Prozent. Damit steht Paris in Europa nur noch besser da als Griechenland und Italien.

Mit 3,3 Billionen Euro trägt Frankreich zugleich die höchste absolute Schuldenlast der Eurozone. Auch an den Finanzmärkten wächst die Nervosität: Anleger verlangen inzwischen Aufschläge, die sonst nur für Krisenstaaten üblich sind.

Macrons riskantes Manöver

Deshalb plante Bayrou Einsparungen von 44 Milliarden Euro, darunter das Einfrieren von Sozialausgaben, die Streichung von Feiertagen und weniger Vergünstigungen für Leistungsträger. Dagegen formierte sich massiver Widerstand, der zu Bayrous Rücktritt führte.

Macron ernannte umgehend den bisherigen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu zum neuen Premier. Der 39-Jährige gilt als enger Vertrauter des Präsidenten und soll nun versuchen, ein tragfähiges Budget durchs zersplitterte Parlament zu bringen.

Rechtspartei deutlich in Führung

Ob ihm das gelingt, ist fraglich. Denn seit den Neuwahlen im Sommer 2024 gibt es keine klaren Mehrheiten mehr: Das Regierungslager, Marine Le Pens aufstrebende Rechtspartei Rassemblement National (RN) und das linke Bündnis blockieren sich gegenseitig.

Laut Umfragen führt RN mit 33 Prozent in der Wählerzustimmung, gefolgt vom Linksbündnis mit 25 Prozent und Ensemble pour la République mit 15 Prozent.

Macron unter Druck

Macron steht unter Druck wie nie zuvor. Laut einer Befragung befürworten knapp zwei Drittel vorgezogene Präsidentschaftswahlen. Macron will sein Mandat aber bis 2027 ausführen. Neuwahlen sind also unwahrscheinlich – zu groß ist für das EU-Establishment die Gefahr, dass Rechtsnationale davon profitieren.

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