Nach ÖVP-Parteichef und Bundeskanzler Christian Stocker letzte Woche war gestern, Montag, der freiheitliche Bundesparteiobmann Herbert Kickl als letzter Gast im ORF-Sommergespräch zu Gast. Im Gespräch mit Klaus Webhofer nahm er dabei kein Blatt vor den Mund und zeigte auf, wie sein Politikverständnis aussieht – auf Kickls Kernthema Asyl und Migration wollte man beim Staatssender allerdings kaum eingehen. Die Botschaft kam dennoch an: Es muss sich schleunigst etwas ändern im Land.
Kompromissbereit, aber nicht um jeden Preis
Bezüglich möglicher Regierungsverhandlungen stellte der Obmann der stimmenstärksten Partei des Landes klar, dass er zwar grundsätzlich kompromissbereit sei, nicht jedoch in Kernfragen der freiheitlichen Politik. Wer weniger kompromissbereit sei, lasse sich auch nicht kaufen und bleibe standhaft. Er sei gewählt worden, um das System zu verändern und die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen – Kanzler um jeden Preis zu werden, wäre für ihn aber Verrat an den Wählern.
Die Verlierer-Ampel kritisierte er scharf: ÖVP, SPÖ und Neos ginge es nicht um Österreich, sondern primär um die eigene Macht. Das Wahlergebnis zeige, dass die Bevölkerung tiefgreifende Veränderung wolle – deshalb habe die FPÖ klar gewonnen. Echte Veränderung gebe es aber nicht mit einem “Weiter so”.
Keine Kandidatur in Kärnten
Eine Kandidatur als Spitzenkandidat bei der Kärntner Landtagswahl 2028 schließt Kickl – wieder einmal – aus: Er habe versprochen, dem Land gute Jahre zu geben – und zu diesem Wort will er weiterhin stehen. Und das gehe nur als Regierungschef.
Ursachen der Teuerung bekämpfen
Zur zuletzt wieder über vier Prozent liegenden Inflation meinte Kickl, die Bevölkerung leide besonders unter hohen Mieten, Lebensmittel- und Energiekosten. Die FPÖ habe zwar konkrete Entlastungsmaßnahmen wie eine Strompreisbremse oder eine temporäre Streichung der Mehrwertsteuer für Lebensmittel quasi als erste Hilfe vorgeschlagen, diese könnten jedoch mittelfristig nur helfen, wenn auch die Ursachen der Teuerung bekämpft würden. Eine der Hauptursachen: die weiterhin viel zu hohen Energiepreise, verursacht durch CO2-Besteuerung, Russland-Sanktionen und horrende Netzkosten wegen des übereilten Ausbaues der erneuerbaren Energieträger.
ÖVP war gegen Bankenbeitrag
Zu Webhofers Frage nach der Finanzierung dieser Maßnahmen konterte Kickl: Er habe noch nie gehört, dass in der politischen Debatte gefragt werde, wie Asylwesen, milliardenschwere Ukraine-Hilfen, Projekte in Afrika oder das Nato-Projekt Skyshield finanziert werden sollen. Stattdessen würden EU-Mitgliedsbeiträge erhöht und Pensionisten durch steigende Krankenversicherungsbeiträge belastet. Ein Bankenbeitrag war Teil der Regierungsverhandlungen mit der ÖVP gewesen, diese hatte sich jedoch entschieden dagegen gewehrt, erinnerte Kickl. Insgesamt würden durch die geplanten Sparmaßnahmen die Pensionisten ein Vielfaches davon bezahlen, was die Banken geben, obwohl diese dem Volk noch etwas schuldig seien, Stichwort Bankenrettung mit Steuergeld.
Energiepolitik mit Maß und Ziel
Beim Thema Energie forderte Kickl, sich von der “CO₂-Kriminalisierung” zu verabschieden und Gas dort zu kaufen, wo es am günstigsten sei. Flüssiggas aus den USA oder Abu Dhabi sei teurer als russisches Pipeline-Gas, merkte der FPÖ-Obmann an. Zudem solle Österreich stärker eigene Gasreserven nutzen. Das Land brauche deshalb einen grundlegenden Umbau in zentralen Bereichen des Staates. Auch Pipeline-Gas aus Russland dürfe nicht grundsätzlich tabu sein, wenn andere europäische Länder wie Frankreich, die Niederlande oder Spanien russisches LNG-Gas kaufen.
Erneuerbare Energien müssten ausgebaut werden – allerdings mit Maß und Ziel, nicht überhastet und milliardenschwer zulasten der Stromkunden, denn den massiven Netzausbau für regenerative Energien in kurzer Zeit zahlen am Ende die Verbraucher. Wo Energie günstiger wurde: in den Bundesländern, in denen die FPÖ mitregiert – hier hätten die Landesenergieversorger ihre Preise gesenkt.
Bevölkerung und Wirtschaft vertrauen Politik nicht mehr
Die wirtschaftliche Lage sei „besonders bedrohlich“: Inflation, Arbeitslosigkeit, Rekord-Insolvenzen und fehlendes Wirtschaftswachstum müssten bekämpft werden, doch das Vertrauen in die Regierung gebe es weder bei Konsumenten noch bei Unternehmen oder den Finanzmärkten. Der Grund: notwendige Reformen würden nicht angegangen.
Kickl forderte eine Senkung der Nebenkosten, weniger Bürokratie und mehr Freiraum für Unternehmer. Gegenfinanziert werden könnte das unter anderem durch eine Rückkehr zu den staatlichen Förderungen auf das Niveau vor der Corona-Krise. Allein dadurch könnten nämlich fünf bis sechs Milliarden Euro eingespart werden. Während der Pandemie hatten ÖVP und Grüne sich gegenseitig in Subventionen für Wirtschaft und Klima-Themen übertroffen.
Besonders im Gesundheitswesen, das jährlich 57 Milliarden Euro kostet, forderte er tiefgreifende Reformen, da hier unterschiedliche Interessen von Bund, Ländern, Universitäten, Sozialversicherung und Ärztekammer auf Kosten der Patienten ausgetragen würden. Hier sieht Kickl Einsparpotential: Orientieren soll man sich an anderen Ländern Europas, die ähnliche Gesundheitssysteme mit deutlich weniger Mitteln finanzieren können.
Nullrunden für Politiker statt Pensionskürzungen
Mit Blick auf die Pensionen zeigte sich Kickl empört über den Vorschlag von ÖVP-Kanzler Stocker von einer Erhöhung um nur zwei Prozent – was er als faktische Kürzung bezeichnete, denn der vorläufige Inflationswert von 2,7 Prozent würde eine deutlich stärkere Erhöhung bedeuten. Er beklagt: Bei Ukraine-Hilfen und internationalen Projekten werde nicht gespart, aber bei den Pensionisten. Stattdessen sollte es ein Plus von 2,7 Prozent für alle geben – nicht nur für kleine Pensionen. Denn wenn man mittlere und höhere Pensionen kürze, sie das ein fatales Signal für die Leistungsträger im Land.
Kickl und seine FPÖ wollen an anderen Stellen sparen und fordern Nulllohnrunden für Politiker, Spitzenbeamte und Manager in staatsnahen Betrieben – nicht aber für Polizisten oder andere Berufsgruppen, die täglich an vorderster Front die Folgen der verfehlten Asylpolitik tragen müssen.
Internationale Allianzen
Final lustig wurde es, als ORF-Innenpolitiker Klaus Webhofer Kickl damit konfrontiere, dass dieser ein “Trump-Fan” sei. “Wo steht das, wo habe ich das gesagt”?, konterte Kickl. Tatsächlich konnte Webhofer keine einzige diesbezügliche Aussage Kickls zitieren. Zur Politik von US-Präsident Donald Trump äußerte Kickl wohl Sympathien in einzelnen Fragen, etwa bei der Abschiebung illegaler Migranten, der Zurückdrängung des “Woke”-Wahnsinns, den Vermittlungsbemühungen zwischen Russland und der Ukraine sowie im Kampf gegen den politischen Islam. Die Zölle seien für Europa nicht angenehm, aber Trump mache ja auch Politik für sein Land und nicht für Europa. Hier hätte die EU deutlich mehr Verhandlungsgeschick gegenüber Tump zeigen können.

