Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat im Sommerinterview des ZDF seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass die Wahl der drei neuen Verfassungsrichter im Herbst problemlos vom Bundestag beschlossen werden kann. Er gab jedoch zu, dass es ein “ziemlich schwieriger Prozess” werden wird.
AfD verhinderte linke Richterin
Zum ersten Mal brachte der Regierungschef wegen der notwendigen Zweidrittelmehrheit auch die AfD als Mehrheitsbeschaffer ins Spiel. Die Kandidaten müssten “entweder von der AfD oder von der Linkspartei” Zustimmung erhalten, gestand er ein. Wie sich das mit der von ihm verkündeten “Brandmauer” vertrage, erklärte er allerdings nicht. Gegen die Wahl der sehr weit linksstehenden SPD-Kandidatin Frauke Brosius-Gersdorf habe es, so Merz, “erhebliche Vorbehalte” in der Unionsfraktion gegeben. Vorbehalte, die er offenkundig nicht teilte, wenn man an seine Debatte mit Beatrix von Storch (AfD) zurückdenkt.
Infolgedessen war die Abstimmung am 11. Juli abgesagt worden. Wochen später zog die Potsdamer Uni-Professorin ihre Kandidatur zurück. Ob er den Namen der neuen SPD-Kandidatin bereits kenne, wollte der Kanzler nicht verraten: “Ich werde dazu weder ja noch nein sagen. Das ist eine Aufgabe der Bundestagsfraktion und keine Aufgabe des Bundeskanzlers.” Mit anderen Worten: Nachdem er das letzte Mal von Frau von Storch so vorgeführt worden ist, will er sich diesmal bedeckt halten, während dem Volk möglichst leise, still und heimlich eine linke Richterin aufgedrückt wird. Als eine Favoritin für dieses Amt gilt übrigens die SPD-Europaabgeordnete Katarina Barley.
SPD hat bereits neue Kandidatin
Bekannt ist jedoch, dass sich die Sozialdemokraten bereits intern auf eine neue Verfassungsrichterin geeinigt haben und sich über die Personalie auch bereits mit Grünen und Linken ausgetauscht haben. Dem Vernehmen nach soll es dort keine Einwände geben. Gespräche mit dem Koalitionspartner CDU/CSU hat es anscheinend noch nicht gegeben. Der CDU-Vorsitzende verriet aber: “Die Vorbereitungsarbeiten dazu laufen.” Er hoffe sehr, dass es gelinge, diese Abstimmung diesmal erfolgreich zu gestalten. Auf die Frage, ob er dazu in Gesprächen mit der Linken sei, antwortete Merz: “Das ist eine Aufgabe, die zwischen den Fraktionen zunächst einmal in der Regierung geklärt werden muss.”
Die beiden Fraktionsvorsitzenden von Union und SPD hätten sich am Wochenende dazu verabredet. “Dann werden wir schauen, wie die Abstimmungen dann möglich sind.” Insgesamt müssen drei von acht Bundesverfassungsrichtern des zweiten Senats neu gewählt werden. Zwei schlägt die SPD vor, einen die Union. Diese hatte sich aber von ihrem ursprünglichen Kandidaten Robert Seegmüller getrennt, nachdem die Grünen ihn als “zu konservativ” gebrandmarkt hatten. CDU und CSU übernahmen daraufhin den Vorschlag des Bundesverfassungsgerichts, den Arbeitsrichter Günter Spinner. Für die SPD geht nach wie vor die ebenfalls sehr weit linksstehende Münchener Jura-Professorin Ann-Katrin Kaufhold ins Rennen.
Ukraine und Steuererhöhungen
Weitere Themen im Sommerinterview waren die von der SPD gewünschten Steuererhöhungen. Merz erteilte diesen eine Absage, und zum Thema Bodentruppen in der Ukraine meinte er: “Niemand redet über Bodentruppen in der Ukraine zum jetzigen Zeitpunkt.” Wie glaubwürdig das alles, was er so behauptete, ist, mag ein jeder Leser selbst beurteilen und dabei ruhig an all die Wahlversprechen denken, die der Unionschef bereits einen Tag nach der Wahl gebrochen hat.