„Dem Geld ist es egal, wo es Werbung macht. Für die Meinungsvielfalt ist es überhaupt nicht egal.“ – Mit moralisch aufgeladenen Sätzen wie diesen haben Österreichs große Medienhäuser unter dem Tital „Made in Austria – Made for Austria“ eine Kampagne für sich selbst gestartet. Unter dem Banner von „Verantwortung“, „Vertrauen“ und „Qualitätsjournalismus“ soll der Eindruck entstehen, der heimische Journalismus sei Hort der Pluralität und Garant eines offenen Diskurses. Wer’s glaubt…
Wer widerspricht, wird attackiert
Tatsächlich sind es ausgerechnet jene Medien, die sich jetzt als Verteidiger der Meinungsvielfalt in Szene setzen, die seit Jahren federführend daran arbeiten, abweichende Meinungen aus dem öffentlichen Raum zu drängen. Was dem veröffentlichten Meinungskorridor widerspricht, wird reflexhaft zu „Desinformation“ erklärt. Kritik an Regierungslinien? „Verschwörungstheorie“. Alternative Sichtweisen? „Gefährlich“. Die Werkzeuge dieser Delegitimierung sind bekannt – von algorithmischer Unsichtbarmachung über moralische Diffamierung bis hin zum Ausschluss von staatlicher Medienförderung, am besten auch vom gesamten Werbemarkt.
ORF & Co: Objektiv nur auf dem Papier
Der ORF, per Gesetz zur Objektivität verpflichtet, steht dabei nicht selten an vorderster Front. Die Privatsender und großen Tageszeitungen ziehen mit. Sie alle eint eine publizistische Selbstgewissheit, die kaum noch Widerspruch zulässt. Und nun machen sich dieselben Kräfte daran, die von ihnen geschaffene publizistische Monokultur als „Meinungsvielfalt“ zu verkaufen. Eine skurrilere Verdrehung lässt sich kaum denken.
Not macht werbefreundlich
Noch bemerkenswerter ist jedoch die Not, mit der das alles geschieht. Wenn öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Zeitungsimperien und private TV-Sender gemeinsam zu einer nationalen Werbekampagne antreten, um um Werbegeld zu bitten, stellt sich die Frage: Wie dramatisch ist die finanzielle Lage wirklich? Der Einbruch bei Inseraten, das Abrutschen der Abozahlen, der strukturelle Bedeutungsverlust – all das hat offenbar die Alarmglocken schrillen lassen. Und so ruft man nun nicht etwa nach Innovation oder journalistischer Selbstkritik, sondern nach Geld. Getarnt als moralisches Anliegen.
Zynismus im Hochglanzformat
Was bleibt, ist ein Zynismus der besonderen Art: Die Totengräber der Meinungsvielfalt werben für ihre Leiche. Die gleiche Medienlandschaft, die abweichende Stimmen systematisch mundtot macht, erhebt nun das Banner der Pluralität – als Werbesujet. Man verkauft jene Meinungsfreiheit, die man im Alltag aktiv unterdrückt. Und hofft, dass es keiner merkt.
Slogans ersetzen keine Grundrechte
Meinungsvielfalt ist kein Slogan, sie ist ein demokratischer Grundsatz. Wer sie unterdrückt, verliert die Legitimation, sich auf sie zu berufen – erst recht in Imagekampagnen. Die österreichischen Medien sollten sich weniger um ihre Werbeeinnahmen sorgen als über ihre zentralen Aufgaben nachdenken, um wieder Orte für offene Debatte, Widerspruch und echte Vielfalt zu werden. Davon ist derzeit nicht viel übrig. Nur das Werbevideo.