Die Wartburg spielt bis heute eine tragende Rolle für die Tradition von Burschenschaften.

13. Juni 2025 / 15:25 Uhr

210 Jahre Deutsche Burschenschaft: Wiege des Einheits- und Freiheitsgedankens

Jena, 12. Juni 1815 – ein Datum, das in die Geschichte eingehen sollte. Während Europa nach den napoleonischen Kriegen nach einer neuen Ordnung suchte, formierte sich in Thüringen eine Bewegung, die zu einer der frühesten und wichtigsten studentischen Organisationen wurde, die sich für nationale Einheit, Freiheitsrechte und Verfassungsstaatlichkeit im frühen 19. Jahrhundert einsetzte: die Deutsche Burschenschaft.

Vom Hörsaal zur Bewegung: Die Geburt einer Idee

Am gestrigen 12. Juni 2025 jährte sich dieses Ereignis zum 210. Mal. Grund genug, auf die Entstehung, die historischen Ideale und die bleibende Bedeutung dieser bis heute bestehenden gesamtdeutschen Studentenvereinigung zurückzublicken. Die Deutsche Burschenschaft wurde in Jena aus dem Geist der Freiheitskriege geboren. Viele ihrer Gründungsmitglieder hatten als Freiwillige gegen Napoleon gekämpft – sie waren junge, idealistische Männer, die nicht nur für ihr Vaterland mit der Waffe in der Hand eingestanden waren, sondern sich danach für eine neue, geeinte Ordnung auf deutschem Boden einsetzen wollten. Sie gründeten die Ur-Burschenschaft als Ausdruck ihres Willens zur Einheit und Freiheit aller deutscher Kleinstaaten – von Schleswig bis nach Kärnten. Ihr Motto war schlicht, aber tiefgreifend: “Ehre, Freiheit, Vaterland” – ein Dreiklang, der in einer Zeit des politischen Flickenteppichs zwischen Fürstenstaaten, Zensur und Feudalherrschaft revolutionär und lebensgefährlich war.

Vordenker der deutschen Einheit und Verfassungsordnung

Noch lange vor der “kleinen” Reichsgründung (ohne Österreich) von 1871 setzte sich die Deutsche Burschenschaft für einen Nationalstaat ein – ein geeintes Deutschland, mit Wahlen, einer Verfassung, mit Bürgerrechten, Meinungsfreiheit und einer auf Volks-Souveränität fußenden Ordnung. In einer Epoche, in der politische Mitbestimmung für weite Teile der Bevölkerung unvorstellbar war, trugen die burschenschaftlichen Ideen zur geistigen Mobilisierung des Bürgertums bei. Die Mitglieder forderten ein Ende der Kleinstaaterei, eine konstitutionelle Monarchie oder gar eine Republik – mutige Gedanken in einer Zeit restaurativer Kräfte. Die Farben Schwarz-Rot-Gold, heute die Nationalfarben der Bundesrepublik Deutschland, wurden erstmals im burschenschaftlichen Kontext getragen – ein Symbol für Freiheit, Einheit und Aufbruch, das sich bis heute im kollektiven Gedächtnis gehalten hat.

1817: Das Wartburgfest als Fanal

Nur zwei Jahre nach der Gründung folgte ein weiterer Meilenstein: das berühmte Wartburgfest von 1817, zu dem sich mehr als 500 Studenten versammelten – inspiriert vom 300. Jahrestag der Reformation. Dort wurde nicht nur für nationale Einheit und eine freiheitliche Verfassung demonstriert, sondern auch gegen politische Repressionen, Zensur und monarchistische Reaktion. Die Proteste zeigten Wirkung – allerdings im negativen Sinne: Die Fürsten reagierten mit den sogenannten Karlsbader Beschlüssen (1819), die die Burschenschaften verboten, die Pressefreiheit einschränkten und die Überwachung der Universitäten einleiteten. Doch die Ideen ließen sich nicht unterdrücken. Über Jahrzehnte hinweg blieben Burschenschafter ein aktiver Teil des bürgerlichen Widerstands gegen die Restauration.

Die Revolution von 1848

Als 1848 die Märzrevolution ausbrach und in Frankfurt das erste frei gewählte gesamtdeutsche Parlament, mit deutschen Abgeordneten von Berlin bis Triest, zusammentrat, war die Handschrift der Burschenschaft unübersehbar. Zahlreiche Abgeordnete der Paulskirche hatten ihre politische Sozialisation in Burschenschaften erfahren. Sie brachten den Geist von Jena, von der Wartburg, von Schwarz-Rot-Gold ins Zentrum der deutschen Politik – und verankerten ihn dauerhaft im politischen Gedankengut des Landes.

Vermächtnis und Auftrag

Die Deutsche Burschenschaft ist nicht nur eine der ältesten studentischen Organisationen Europas, sondern auch eine der wirkungsmächtigsten. Sie war Keimzelle eines nationalen Bewusstseins, das sich nicht über Herrscherhäuser, sondern über Kultur, Sprache, Rechte und Selbstbestimmung definierte. Auch 210 Jahre später bleibt das Vermächtnis aktuell: In einer Zeit, in der Europa wieder vor grundlegenden Fragen der Souveränität, Identität und Freiheit steht, lohnt sich der Blick zurück auf jene Studenten, die im Schatten der Fürstenschlösser für ein geeintes, freies Deutschland zu kämpfen begannen. Gerade in Zeiten wie der vergangenen Corona-Krise, bei der die persönlichen Freiheitsrechte des Einzelnen in nie dagewesener Form beschnitten worden sind, oder in Anbetracht der Entwicklung der Europäischen Union, wo politische Rechte der Nationalstaaten immer stärker auf eine dem einzelnen nicht greifbare Ebene ausgelagert werden, sind die Themen der Burschenschaft nach wie vor hochaktuell. Auch heute noch fühlen sich Burschenschafter aus dem gesamten deutschen Kulturraum dem Kampf für diese Werte verpflichtet, in diesen Tagen begehen sie ihren jährlich stattfindenden Burschentag in Eisenach ehrfürchtig im Schatten der Wartburg.

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