Christian Pilnacek

Im Fall um das Ableben Christian Pilnaceks gibt es ein aufgezeichnetes Gespräch mit widersprüchlichen Aussagen von Vertrauten des ehemaligen Justiz-Sektionschefs.

23. Mai 2025 / 15:02 Uhr

Pilnacek-Tod: Geheime Aufzeichnung und widersprüchliche Aussagen

Im Dunkelkammer-Podcast berichtet der Journalist Michael Nikbakhsh von einem Treffen am 9. Dezember 2023 in seinem Büro in Wien, an dem sechs Personen teilnahmen: Nikbakhsh selbst, Christian Pilnaceks ehemalige Freundin Karin W., ihre Mitbewohnerin Anna P., deren Bekannter Christian Mattura, ein Software-Dienstleister, und der ehemalige Lobbyist Peter Hochegger. Das Treffen fand rund drei Wochen nach dem Tod von Christian Pilnacek statt.

Langes Gespräch über Pilnaceks Tod

Nikbakhsh zeichnete die Unterredung für redaktionelle Zwecke heimlich auf. Inzwischen liegt eine Abschrift der Aufzeichnung vor, die der Journalist an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) übermittelt hat. In seinem Podcast zitiert Nikbakhsh aus dem Transkript. Thematisch drehte sich das Gespräch um die letzten Stunden Pilnaceks, den Fund der Leiche, den Verbleib von dessen Laptop sowie um mögliche politische Verbindungen, unter anderem zu Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Bundespolizeidirektor Michael Takacs.

Anna P. verstrickte sich in Widersprüche

W. und P. sollen die letzten Personen gewesen sein, die Pilnacek lebend gesehen haben. In einer schriftlichen Stellungnahme an die WKStA hätte Anna P. angegeben, sie habe sich in einem psychisch und emotional extrem belastenden Zustand befunden, als sie von Pilnaceks Tod erfuhr. Im Gespräch mit Nikbakhsh berichtete sie dann angeblich von mehreren Ereignissen, die sie inzwischen größtenteils widerrufen habe. Auch andere Beteiligte, darunter Takacs, würden die Richtigkeit ihrer damaligen Aussagen in Frage stellen.

Sobotka beharrte auf Pilnacek-Suizid

P. hätte im Dezember-Gespräch unter anderem von einem Telefonat berichtet, das etwa eine Woche nach dem Fund der Leiche stattgefunden haben soll. Demnach habe Sobotka ihr das Ergebnis der Obduktion mitgeteilt, wonach ein Tod durch Ertrinken festgestellt worden sei. Als sie später Zweifel daran äußerte, habe er laut ihrer Schilderung lautstark insistiert, es handle sich eindeutig um einen Suizid, nicht um einen Unfall.

Ebenfalls thematisiert wurde ein angeblicher Besuch von P. und W. bei Sobotka, bei dem P. angab, ihm den Besitz von Pilnaceks Laptop und USB-Sticks offenbart zu haben. Sie habe ihm sogar angeboten, sich das Material anzusehen, was dieser mit Hinweis auf mögliche Spuren verweigert habe. Vor der Staatsanwaltschaft hätte P. später lediglich bestätigt, über das Obduktionsergebnis informiert worden zu sein. Ihre Anwältin kritisierte öffentlich, dass die Zitate aus dem Transkript nicht mit den tatsächlichen Aussagen ihrer Mandantin übereinstimmten und offensichtlich medienwirksam ausgewählt worden seien.

P. wollte aus Gespräch “b’soffene G’schicht” machen

Anna P. wurde am 8. Mai 2025 als Zeugin von der WKStA einvernommen. Dabei erklärte sie, dass sie nie mit Sobotka oder Takacs über den Laptop gesprochen habe. Sie sei von W. zu dem Treffen bei Nikbakhsh mitgenommen worden und habe lediglich in deren Auftrag gehandelt. Zudem habe sie nicht gewusst, dass Nikbakhsh Journalist sei – er habe sich nicht als solcher vorgestellt. P. betonte, sie sei zu diesem Zeitpunkt psychisch überfordert gewesen. Der Abend sei von Verwirrung geprägt gewesen, es sei auch viel Alkohol konsumiert worden. Nikbakhsh widersprach dem: Seiner Darstellung zufolge seien alle nüchtern gewesen.

Im Transkript ist davon die Rede, dass P. sich widersprüchlich geäußert und zum Teil spekulative Aussagen getroffen habe. Sie selbst gab zu, sich an vieles nur vage erinnern zu können, schloss jedoch nicht aus, sich beteiligt und Dinge erfunden zu haben. Nikbakhsh berichtete, dass im Gespräch Theorien über politische Einflussnahme und vertuschende Behörden kursiert sind.

Laptop an M. übergeben

Der Laptop, um den sich ein Großteil des Gesprächs drehte, sei laut P. auf Wunsch von W. an Christian M. übergeben worden. Dieser habe einen Freund Pilnaceks gekannt, der sich um die Daten kümmern sollte – ein Mann, der inzwischen ebenfalls verstorben ist. P. sagte, sie habe keine Kenntnis vom Inhalt des Laptop gehabt und ihn auch nicht gesichtet.

Wollte Bundespolizeidirektor wollte Laptop verschwinden lassen?

Caroline L., die Witwe Pilnaceks, hätte sich wegen des Geräts an P. gewandt. Eine Kollegin von P. habe später erklärt, der Laptop sei für einen Untersuchungsausschuss relevant, und Sobotka habe erfahren wollen, wo er sich befinde. Takacs habe laut P. sinngemäß gesagt, man solle ihn verschwinden lassen. Sobotka habe angeblich abgelehnt, das Gerät selbst an sich zu nehmen, und Takacs habe sich mit dem Hinweis zurückgehalten, dass er sich nicht mehr in politische Konflikte verwickeln wolle – auch im Hinblick auf seine bevorstehende Pensionierung.

Im Gespräch erwähnte P. auch einen Mitarbeiter des ÖVP-Klubs, dem sie zugesichert habe, mit niemandem über Pilnaceks Tod zu reden. Gegenüber Nikbakhsh erklärte sie, auf dem Laptop seien nur veraltete, irrelevante Daten gewesen. Die WKStA fragte am 8. Mai konkret nach, ob sie Sobotka oder Takacs über den Verbleib des Laptops informiert habe – P. verneinte.

Sobotka wollte keinen Kontakt mit Pilnacek

Eine frühere Episode beschreibt, wie Anna P. Pilnacek nach seiner Geisterfahrt abholte. Während der Fahrt soll er auf seinem Smartphone mit einem Kontakt aus der ungarischen Botschaft korrespondiert haben. Später habe er auf der Terrasse erneut Nachrichten gesendet – Nikbakhsh vermutet, dass es sich beim Empfänger nicht um FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker gehandelt habe, die beiden hätten auch geschäftlich nichts miteinander zu tun gehabt. Pilnacek und Sobotka trafen sich laut P. nur ein einziges Mal; danach sei von Sobotkas Seite kein weiterer Kontakt mehr gewünscht gewesen.

Freundin und Mitbewohnerin glauben nicht an Suizid

Christian Mattura, der bereits im Sommer 2023 ein aufschlussreiches Gespräch mit Pilnacek über mögliche Einflussversuche der ÖVP aufgezeichnet hatte, kennt sowohl W. als auch P. persönlich. Beide glauben nicht an einen Suizid. Die Aufnahme, die Mattura damals gemacht hatte, war laut seinen Angaben ausschließlich für private Zwecke gedacht. Hochegger, W. und Mattura wussten von ihrer Existenz, der Rest der Beteiligten sprach erst später darüber.

Mittlerweile ermittelt die WKStA gegen Anna P. und Karin W. wegen des Verdachts auf Falschaussage.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen

Unterstützen Sie unsere kritische, unzensurierte Berichterstattung mit einer Spende. Per paypal (Kreditkarte) oder mit einer Überweisung auf AT58 1420 0200 1086 3865 (BIC: BAWAATWW), ltd. Unzensuriert

Teile diesen Artikel

    Diskussion zum Artikel auf unserem Telegram-Kanal:

Politik aktuell

1.

Jul

12:17 Uhr

Wir infomieren

Unzensuriert Infobrief


Klicken um das Video zu laden.