Nach jahrelangen Verzögerungen hat das internationale Kernfusionsprojekt ITER einen bedeutenden Meilenstein erreicht.
Internationales Forschungsprojekt
Ziel ist es, durch Kernfusion eine neue, saubere Energiequelle zu erschließen. An dem Projekt sind – nach wie vor – mehr als 30 Länder beteiligt, darunter die USA, China, Japan, Russland und die Europäische Union. Das Projekt leidet nicht unter den internationalen Spannungen.
In Saint Paul-lez-Durance in Südfrankreich begann kürzlich der Zusammenbau des zentralen Solenoids – des Herzstücks eines komplexen Magnetsystems, das für den Einschluss von Plasmapartikeln bei extrem hohen Temperaturen notwendig ist.
Magnet als Schlüsseltechnologie
Der Solenoid soll ein starkes Magnetfeld erzeugen, das wie ein „unsichtbarer Käfig“ wirkt. Darin sollen Wasserstoffisotope bei Temperaturen von mehreren Millionen Grad verschmelzen und dabei große Energiemengen freisetzen – ohne den langlebigen radioaktiven Abfall herkömmlicher Kernkraftwerke.
Verzögerungen um vier Jahre
Ursprünglich war die Fertigstellung des Magnetsystems für 2021 geplant. Mehrfache technische und logistische Probleme verzögerten jedoch die Umsetzung um vier Jahre.
Der Beginn der Plasmaphase ist derzeit für 2033 geplant – dann soll erstmals im Reaktor Fusionsplasma erzeugt werden.
Wettlauf um die Kernfusion – auch privatwirtschaftlich
Während ITER auf langfristige Grundlagenforschung setzt, investieren weltweit immer mehr private Unternehmen in Kernfusion. Mehrere Start-ups behaupten, innerhalb der nächsten zehn Jahre kommerzielle Fusionsreaktoren realisieren zu können, zumal das prinzipielle Erreichen der Fusion bereits bewiesen ist.
Im Dezember 2022 gelang dem US-amerikanischen National Ignition Facility (NIF) erstmals eine Nettoenergiegewinnung durch Trägheitsfusion – ein historischer Durchbruch. Auch europäische Forschungseinrichtungen wie das JET in Großbritannien bestätigten 2022, dass die Energieausbeute aus Fusion weiter gesteigert werden kann.
ITER-Mitarbeiter äußern Zweifel an der wirtschaftlichen Machbarkeit kurzfristiger Lösungen bis 2035. Denn die Kosteneffizienz bleibe die entscheidende Herausforderung – vermutlich noch über Jahrzehnte.
China setzt auf Thorium-Technologie
Parallel zu den Entwicklungen bei ITER meldete China einen Erfolg im Bereich der Kernspaltung: Der erste Versuchsreaktor mit Thoriumbrennstoff wurde in Betrieb genommen. Thorium gilt als sicherere Alternative zu Uran, erzeugt weniger langlebigen Atommüll und birgt geringeres Risiko einer Kernschmelze. Diese Technologie könnte künftig eine stabilere, umweltfreundlichere Ergänzung zur Kernfusion darstellen.