Am 20. Oktober 2023 wurde Christian Pilnacek, der frühere Sektionschef im Justizministerium, am Ufer eines Donau-Altarms in Niederösterreich tot aufgefunden. Seither gibt es Zweifel an der offiziellen Todesursache, wonach er Selbstmord begangen hätte. Laut Peter Pilz, Ex-Politiker der Grünen, soll es Zweifel am offiziellen Obduktionsbericht geben.
Also wurde auf Betreiben der FPÖ ein Prüfverfahren der Polizeiarbeit eingeleitet, um die 21 Fragen, die FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker und Volksanwältin Elisabeth Schwetz an SPÖ-Justizministerin Anna Sporrer gerichtet hatten, beantworten zu können. Der – so benannte – „Geheimbericht“ liegt nun vor.
Franz Ruf als Generaldirektor für Öffentlichen Sicherheit hat im Namen des Innenministeriums (BMI) die Fragen der Volksanwältin auf 22 Seiten beantwortet: Die Antworten sind kümmerlich. Es wird lediglich mehrfach darin hingewiesen, dass es keine Hinweise auf Fremdverschulden gegeben habe und von einem Selbstmord auszugehen sei.
Die Absicht ist greifbar
Der Verdacht liegt nahe, dass weiterhin ein brisanter Fall unter der Decke gehalten werden soll. Denn
- das BMI hat mit keiner einzigen „Antwort“ den Verdacht auf Mord an Christian Pilnacek (durch Geheimdienste) entkräftet.
- Die Selbstmordthese ist damit nicht wahrscheinlicher geworden.
War Bundespolizeidirektor Takács in das Verwischen von Spuren involviert?
Karin Wurm, Pilnaceks letzte Freundin, und Hausgenossin Anna P. suchten am Morgen des 20. Oktober 2023 nach Pilnacek – und kamen endlich zum Tatort. Wurm gab zu Protokoll:
Es gab keine polizeilichen Absperrungen, ein weißer Lkw der Via Donau fuhr den Weg (Auffindungsort) sang- und klanglos Richtung Schranken, wo auch das Polizeiauto parkte.
Zwei uniformierte Polizistinnen sollen laut Wurm am Ufer gestanden und zugesehen haben, wie der Lkw über die – natürlich vorhandenen – Spuren am Treppelweg fuhr. Die Polizei vor Ort duldete es, dass Spuren mit größter Selbstverständlichkeit – in der plumpest denkbaren Weise – verwischt wurden.
Fremde Fußspuren
Allzu gründlich sind die Spuren allerdings auch nicht verwischt worden, denn in der „Lichtbildbeilage der Polizeiinspektion Weißenkirchen“, Teil der Akten, für die Anwalt Volkert Sackmann so lange warten musste, gibt es die Bilder Nr. 19, 20 und 21: Sie zeigen fremde Schuhabdrücke – entgegen der jetzigen Behauptung des Innenministeriums, dass ausschließlich Pilnaceks Schuhspuren am Tatort gefunden worden sein sollen.
Seltsame Verstrickungen
„Man“ hat also fremde Schuhspuren gefunden beziehungsweise trotz allen Eifers nicht ganz verwischen können. Und jetzt kommt die alles entscheidende Frage: Kann es nur ein „Zufall“ sein, dass ausgerechnet Bundespolizeidirektor Michael Takács im Aufsichtsrat von Via Donau sitzt? 2020 absolvierte er eine nautische Ausbildung zum Polizei-Schiffsführer und am 28. Juli 2021 wurde er zum Aufsichtsrat von Via Donau bestellt. Gesellschafter bei Via Donau – Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m.b.H. ist zu 100 % die Republik Österreich.
Klärung von Ungereimtheiten
Folgenden Fragenkatalog wird unzensuriert Anfang der kommenden Woche an den Innenminister stellen:
- Warum wird behauptet, der Tatort sei abgesperrt worden, wenn die Augenzeugin Karin Wurm doch wiederholt das Gegenteil behauptet hat?
- Warum behauptet das Innenministerium, dass Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Vormittag des 20. Oktober 2023 von den Vorgängen NICHT in Kenntnis gesetzt worden sein soll? Wie kann dieser dann aber schon um 11:17 Uhr – am Tage seiner Einvernahme wegen Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss – behaupten, dass sich Pilnacek selbst getötet hätte?
- Wie können Sie behaupten, dass sich an der Einstiegstelle nur Schuheindruckspuren der Sportschuhe von Christian Pilnacek befunden haben sollen, wenn doch im Akt der Staatsanwaltschaft Krems, den der Anwalt von Frau Wurm einsehen konnte, die Lichtbilder 19 bis 21 fremde Schuhspuren zeigen?
- Warum behaupten Sie, dass es keine körperliche Auseinandersetzung gegeben haben kann – wo doch die Verletzung Pilnaceks am hinteren rechten Oberschenkel, die bis zum Knochen reichte, keineswegs durch einen Aufprall auf Steinen erfolgen hat können. Stattdessen weisen Sie darauf hin, dass die Kleidung insgesamt unbeschadet geblieben sein soll. Haben Sie schon einmal in Betracht gezogen, dass Pilnacek die 20 (!) zum Teil schweren Verletzungen in unbekleidetem Zustand beigefügt werden haben können?
- Sie behaupten, dass die dokumentierten Hautabschürfungen nicht durch ein Schleifen des Körpers entstanden sein können. Haben Sie schon die Möglichkeit überlegt, dass der tote Pilnacek ins Wasser getragen worden sein könnte?
- Entgegen Ihrer Behauptung beharrt Kontrollinspektorin Barbara S. von der Polizeiinspektion Mautern darauf, dass am Tatort Zigarettenstummel gefunden worden seien. Gibt es hier einen Zusammenhang mit der möglichen Schutzbehauptung des Innenministeriums, dass am Tatort keine DNS-Proben gesichert worden seien (weil diese vielleicht auch auf fremde, nicht Pilnacek zuordenbare DNS hingewiesen hätten)?
„Der Schmäh mit der Smart Watch“
Hinzu kommt, dass das Mobiltelefon von Pilnacek nicht ordnungsgemäß gesichert wurde. Laut „Geheimbericht des Innenministeriums“ wurde die von Pilnacek getragene Smart Watch sichergestellt. Eine Auswertung durch das Bundeskriminalamt habe allerdings keine verwertbaren Hinweise ergeben.
Eigenartig, zumal eine Smart Watch Daten liefert, bis der Akku leer ist. Wenn sie nicht mutwillig zerstört worden ist oder die Daten vorsätzlich gelöscht wurden, können die Daten auch „zurückgeholt“, sie also reaktiviert werden.
Nur die Braven bekommen Antworten
Seltsam auch die Bezeichnung „Geheimbericht“ zur aktuellen Anfragebeantwortung. Warum bezeichnet das Innenministerium die Fragenbeantwortung als „Geheimbericht“, wenn doch am selben Tag (8. Mai 2025) die Kronen Zeitung, der Kurier und das profil das 22-seitige Dokument zugemailt bekamen?
Da kann ja noch nicht einmal vom „Durchstechen“ von juristischem an journalistisches Personal, fest im Mainstream verhaftet und seit langem regierungstreu, die Rede sein: Die nichtssagenden Antworten wurden bewusst und einfach so weitergereicht – somit kann von „geheim“ ja wohl kaum mehr die Rede sein.
Wer wird sich woran erinnern?
FPÖ-Chef Herbert Kickl hatte neuerlich bekräftigt, einen Untersuchungsausschuss zur Causa Pilnacek und zu den schwarzen Netzwerken im Innenministerium in die Wege leiten zu wollen. Im September sollen die Befragungen losgehen.
Einen Paukenschlag gibt es nach allen Ungereimtheiten schon jetzt: Auf Weisung aus Wien muss die Staatsanwaltschaft (StA) in Krems erneut die Todesumstände des früheren Sektionschefs Christian Pilnacek untersuchen. Es geht um Gutachten von namhaften Medizinern.