Der afrikanisch-stämmige Antonio Rüdiger sorgt wenige Wochen vor dem Halbfinale der Nations League für erhebliche Unruhe in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Nach einem Ausraster im spanischen Pokalfinale zwischen seinem Verein Real Madrid und dem FC Barcelona steht der Innenverteidiger massiv in der Kritik. Experten, ehemalige Nationalspieler und Schiedsrichter fordern Konsequenzen – bis hin zu einem Ausschluss.
Wüste Beschimpfungen und ein Wurf mit Eiswürfel
Kurz vor dem Ende der Verlängerung des Finalspiels verlor Rüdiger die Kontrolle: Der 32-Jährige, zu diesem Zeitpunkt bereits ausgewechselt, beschimpfte den Schiedsrichter aufs Übelste und warf anscheinend einen Eiswürfel in dessen Richtung. Der Unparteiische zeigte ihm daraufhin die Rote Karte – ein seltener Vorgang für einen nicht mehr am Spiel beteiligten Spieler. Die Szenen von Rüdiger erinnerten mehr an unzivilisierte Erdteile als an Europa – selbst in einem Fußballstadion. Am Morgen nach dem Spiel zeigte sich Rüdiger in den sozialen Medien einsichtig. Doch wie der Kurier berichtet, sehen viele prominente Stimmen im deutschen Fußball in einer bloßen Entschuldigung keine ausreichende Reaktion.
Matthäus, Hamann und Co. fordern klare Linie vom DFB
Lothar Matthäus, Deutschlands Rekord-Nationalspieler, forderte in der Sendung Sky90 ein klares Zeichen von Bundestrainer Julian Nagelsmann: „Man kann das nicht einfach unter den Teppich kehren“, so Matthäus. Nagelsmann müsse reagieren, auch öffentlich. Zwar sprach sich Matthäus nicht explizit für einen Ausschluss aus, regte aber an, Rüdiger beim kommenden Turnier nicht wie ursprünglich geplant einzusetzen. Auch Dietmar Hamann forderte in der Talkrunde “Doppelpass” eine Suspendierung: „Ich würde ihn zum Endturnier der Nations League nicht einladen.“ Der frühere Nationalspieler verwies auf Rüdigers wiederholte Auffälligkeiten – zuletzt war er wegen einer „Kopf-ab“-Geste in der Champions League von der UEFA mit einer Geldstrafe und einer Bewährungssperre belegt worden. Besonders scharf äußerte sich der frühere FIFA-Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer: „Rüdigers Auftreten ist eine Schande. Da muss sich der Bundestrainer schon überlegen, ob so ein Mann noch unser Land repräsentieren kann.“ Für Kinhöfer gehe es um mehr als nur eine sportliche Bewertung – es sei auch eine Frage der Vorbild-Funktion.
Diskussion um Identifikation mit dem Nationalteam
Kinhöfer stoßt dabei eine Diskussion um die Identifikation der Spieler mit der Nationalmannschaft an. Im Zuge der Debatte gibt es auch Stimmen, die in Frage stellen, ob Nationalspieler mit familiären Wurzeln außerhalb Deutschlands oder mit anderen religiösen Prägungen dieselbe emotionale Bindung an die DFB-Auswahl verspüren wie andere. Die Familie des in Berlin geborenen Rüdiger stammt aus Afrika, er ist bekennender Moslem. Rüdiger hat sich in der Vergangenheit mehrfach offensiv zum Islam bekannt, wie auch der WDR berichtete. Dass moralisches oder sportliches Fehlverhalten allein auf Herkunft oder Glauben zurückzuführen sei, greift zu kurz – gleichwohl ist die Frage, welche Werte die Nationalmannschaft verkörpern soll und wie diese von den Spielern gelebt werden, legitim und verdient eine offene, aber faire Diskussion.