Vor einem Jahr wählten die Tiroler einen neuen Gemeinderat und Bürgermeister in Innsbruck. Die Wahl entschied Johannes Anzengruber (früher ÖVP, jetzt mit eigener Liste „JA“) mit 59,59 Prozent für sich, der seither mit SPÖ und Grünen die Stadtpolitik betreibt. Die zwei Stadtsenatsmitglieder der FPÖ und Neues Innsbruck bekamen keine Amtsführung.
Nur die Hälfte noch für den Besitzer
Und so bekommen die Innsbrucker nun, was sie gewählt haben. Die Stadt plant, auf private Baugrundstücke für den geförderten Wohnbau zuzugreifen – wofür Eingriffe ins Privatvermögen notwendig werden.
Geplant ist, spezielle Flächenwidmungen zu schaffen. Konkret geht es um Grundstücke, die größer als 2.500 Quadratmeter sind. Diese sollen mit einer sogenannten „Vorbehaltsfläche für den geförderten Wohnbau“ gewidmet werden.
Zwang zur billigsten Abtretung an die Gemeinde
Die Stadt würde sich damit das Recht nehmen, die Hälfte dieser Fläche für den sozialen Wohnbau zu nutzen, während dem Eigentümer nur der verbleibende Teil bleibt, über den er verfügen könnte. Die andere Hälfte müsste er zu den günstigeren Bedingungen der Wohnbauförderung abgegeben. Kritiker sprechen von Enteignung.
Bausperre gegen Grundstücksteilungen
Im Wissen, dass die Betroffenen diese Form der Enteignung nicht hinnehmen würden, haben sich die Stadtverantwortlichen etwas einfallen lassen: Sie haben vorsorglich gleich eine Bausperre für die betroffenen Flächen geplant, damit ihnen die Eigentümer nicht entkommen und eventuell noch vor Inkrafttreten der neuen Regelung ihre Grundstücke teilen, um unter die 2.500-Quadratmeter-Grenze zu fallen.
Totalitäre Politik
Die geplante spezielle Flächenwidmung sorgt für Kritik: Es handle sich um einen starken Eingriff in bestehende Widmungen, die auch verfassungsrechtliche Fragen aufwirft.
Verwaltungsjurist Peter Bußjäger erklärt, dass Bausperren zwar zulässig sind, aber nur unter klar definierten Bedingungen und zeitlich begrenzt – meist auf drei Jahre. Die Stadt müsse darlegen, welches konkrete Planungsziel verfolgt werde, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein.
Gründe für ungenutztes Bauland
Laut Experten wird Bauland oft über Jahre zurückgehalten – etwa für die eigenen Kinder. Von Seiten der Politik heißt es aber gern, zu Spekulationszwecken. Das treibe die Preise in die Höhe. Und der Staat müsse leider, leider gegensteuern.
Das rechtliche Instrument gibt es in Tirol bereits seit 1994, allerdings wurde es bisher nicht in dieser Größenordnung angewandt. In rund 70 Tiroler Gemeinden existiert die Möglichkeit solcher Sonderwidmungen, in Innsbruck wäre es nun erstmals in größerem Maßstab geplant.