Im Jahr 2021 hatte sich Polens Verfassungsgerichtshof über zwei Urteile aus Brüssel hinweggesetzt. Polnisches Recht vor EU-Recht. Das wollte die EU-Kommission nicht dulden und klagte vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).
Totale Macht der EU
Drei Jahre später das – erwartbare – Urteil der Richter: Sie stellten sich in den Dienst Brüssels.
Generalanwalt Dean Spielmann sah eine „beispiellose Rebellion“ Polens gegen den Vorrang, die Autonomie und die Wirksamkeit des Unionsrechts. Polens Eigenmächtigkeit sei ein „offenkundiger, ich würde sogar sagen, einer der direktesten Verstöße gegen die Grundprinzipien der Rechtsordnung der Union“.
Zwei Fälle aus Pis-Regierungszeiten
Konkret geht es in einem Fall um eine neue Disziplinarordnung für die Richter des Obersten Gerichtshofs und der ordentlichen Gerichtsbarkeit aus dem Jahr 2017. Damals hatte die rechte Regierungspartei Pis eine neue Kammer am Gerichtshof für Disziplinarsachen gegen Richter eingerichtet. 2021 hielt der Verfassungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit fest, denn oberste Rechtsquelle in Polen sei das nationale, nicht EU-Recht.
Ähnlich war es im zweiten Fall, wo es um EU-Normen ging, die mit dem polnischen Recht nicht vereinbar wären. In beiden Fällen sah sich die EU-Kommission bloßgestellt und reagierte harsch auf den Widerstand gegen die EU-Zentralmacht.
Generalanwalt: Polnischer Verfassungsgerichtshof nicht unabhängig
In der vergangenen Woche wurde Warschau nun dazu verurteilt, die nationalen Vorschriften unverzüglich nicht mehr anzuwenden, sondern das EU-Recht. Denn der nationale Verfassungsgerichtshof sei nicht unabhängig. Wie ein Konflikt zwischen Unionsrecht und der nationalen Verfassungsidentität eines Mitgliedstaats zu entscheiden sei, beurteile einzig und allein der EuGH. Nationales Recht ist ausgehebelt.