Die Unterstützung für den (nicht gewählten) ÖVP-Kanzler Karl Nehammer in der eigenen Partei dürfte bröckeln. Ein Bettelbrief an die Mitglieder, der dazu dienen sollte, dass sie seine ablehnende Haltung gegenüber FPÖ-Chef Herbert Kickl mit einem „Like“ in den sozialen Medien bekunden, ging voll daneben.
Im Vergleich zu den üblichen „Likes“, meist zwischen 200 und 300, selten deutlich mehr, die der Noch-Kanzler bei seinen Beiträgen auf Facebook erreicht (und das bei 62.986 “Followern”), drückten selbst diesmal, trotz Aufruf an die eigenen (mutmaßlichen) Parteifreunde, gerade einmal 1.490 auf „Gefällt mir“ (Stand: 17. Oktober, 19.10 Uhr, mehr als zwei Tage nach Veröffentlichung). Ein Armutszeugnis für einen Regierungschef und eine Kanzlerpartei.
Kein Steigbügelhalter für Kanzler Kickl
In diesem Brief, der Report24 vorliegt, schrieb Nehammer an die ÖVP-Mitglieder, dass er nicht den Steigbügelhalter für einen Kanzler Kickl machen werde. Herbert Kickl habe mehrfach bewiesen, so der ÖVP-Chef, dass er nicht dazu bereit sei, politische Verantwortung zu übernehmen. Woher er diese Feststellung genommen hat, bleibt ein Rätsel. Immerhin war es Kickl, der in einer schwarz-blauen Koalition unter ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz Verantwortung übernommen und den Job als Innenminister bravourös gemeistert hatte, bis ihn die ÖVP aus diesem Amt entfernen hat lassen, um später eine Koalition mit den Grünen einzugehen – mit den bekannten Folgen.
Hier der Bettelbrief von Nehammer an die Mitglieder:
Die Aktion ging voll in die Hose
Am Ende schrieb Nehammer in seinem Bettelbrief:
Wenn das auch dein Verständnis von Demokratie ist, freu ich mich, wenn du ein Like bei meinem heutigen Statement da lässt.
Jetzt ist Professionalität gefragt
Der Bettelbrief an die ÖVP-Mitglieder ist wohl ein weiterer Beweis dafür, dass Nehammer – wie es Kickl gestern, Mittwoch, in einer Pressekonferenz formuliert hatte – die Türe keinen Spalt aufmache, um ja nicht in die Verlegenheit zu kommen, seinen Kanzlerposten zu verlieren. Kickl sagte, er habe in dem Gespräch mit dem ÖVP-Chef versucht, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen, um für das Land Positives zu bewirken. Auch für ihn sei dieser Weg nicht leicht gewesen, stand er doch jahrelang im Fadenkreuz der Angriffe der ÖVP. Aber darum solle es nicht gehen, jetzt sei Professionalität gefragt.