Am 29. September wurde die schwarz-grüne Regierung vom Volk mit Bomben und Granaten abgewählt. Beiden Parteien liefen die Wähler in Scharen davon. Doch aus dem Rekordverlust an Wählerstimmen und Platz zwei hinter der FPÖ leitet ÖVP-Chef Karl Nehammer einen Regierungsauftrag ab, wie er einer Videobotschaft kund getan hat.
Nehammer sieht sich als Wahlsieger
Nachdem Bundespräsident Alexander Van der Bellen sich als erster Bundespräsident der Republik geweigert hat, dem Bundesparteiobmann der stimmenstärksten Partei (FPÖ) den Regierungsbildungsauftrag zu erteilen, meldete sich gestern, Donnerstag, ÖVP-Bundesobmann Karl Nehammer zu Wort. In seiner zweiminütigen Videobotschaft erklärte er, trotz Rekordniederlage nicht die Absicht zu haben, den Kanzlersessel zu räumen. Er sagte, 1,3 Millionen ÖVP-Wähler hätten „Zuversicht statt Angst“ gewählt und er würde ihnen im Wort stehen. „Das, was ich vor der Wahl versprochen habe, halte ich auch nach der Wahl“, so der ÖVP-Chef wohl in Richtung FPÖ-Obmann Herbert Kickl, den er gemeinsam mit Van der Bellen als Kanzler verhindern will.
Nehammer meinte weiters, dass es nun wichtig sei, sich mit den Sorgen und Ängsten der Österreicher auseinanderzusetzen. Womit sich die Frage stellt, was er beruflich in den letzten fünf Jahren gemacht hat.
Was die Österreicher wirklich gewählt haben
Die von ihm reklamierte „Zuversicht“ der Wähler sieht allerdings so aus, dass sie ihn mehrheitlich als Bundeskanzler abgewählt haben und den SPÖ-Altmarxisten Andreas Babler nicht als Vizekanzler haben wollen. Eine relative Mehrheit von 1,4 Millionen Wählern war „zuversichtlich“ beziehungsweise hoffnungsvoll, mit ihrer Stimme für die FPÖ Herrn Nehammer als Regierungschef loszuwerden. Am Ende kam die von ihm geleitete Koalitionsregierung mit den Grünen nur noch auf 34,51 Prozent der Stimmen. Und die ÖVP sackte von 37,5 auf 26,27 Prozent ab, was er in seiner Ansprache unter den Tisch fallen ließ. Damit kehrte ihm und seiner Partei fast jeder dritte Wähler von 2019 den Rücken. Eindeutiger kann ein Misstrauensvotum der Bevölkerung eigentlich nicht ausfallen.
Ein Votum, das Nehammer offensichtlich nicht zu beeindrucken scheint, hat er doch 23.440 Gründe, weiterhin Bundeskanzler bleiben zu wollen. In Euro das Gehalt, das er als Regierungschef 14 Mal im Jahr einstreift.